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14.02.10 –
Wem soll ich glauben?
Vor etwa einem Jahr hat auf einem Informationsstand des Bund Naturschutz in Kirchseeon folgendes Gespräch stattgefunden, das hier sinngemäß wiedergegeben werden soll: Ein älterer Herr sagte zu mir: "Wissen Sie, ich verstehe von der Gentechnik nichts. Ich weiß einfach nicht, wem ich glauben soll, Ihnen oder den Befürwortern dieser Technik." Ich habe ihm geantwortet: "Die Entscheidung, wem sie Glauben schenken sollen, kann ihnen niemand abnehmen. Aber vielleicht hilft Ihnen bei der Entscheidungsfindung die folgende Überlegung: Den großen Chemie- und Saatgutkonzernen geht es um Milliardengewinne und um die Macht über die Nahrung. Diese gewinnen sie durch die Patentierung auf Nutzpflanzen und -tiere, sowie den Aufkauf von Saatgutfirmen. Ich dagegen bekomme kein Geld dafür, dass ich hier stehe und Werbung für gentechnikfreie Nahrungsmittel mache. Und das trifft auch für alle anderen zu, die sich aus Überzeugung gegen die Agrogentechnik engagieren. Im Gegenteil, diese Menschen opfern Zeit und Geld. Wissenschaftler, die sich kritisch zur Agrogentechnik äußern, riskieren ihre berufliche Karriere oder verlieren gar ihre Anstellung und in manchen Ländern müssen Gegner der Agrogentechnik um ihre Existenz oder gar ihr Leben bangen." Seine Antwort: "So habe ich das noch gar nicht gesehen."
Die Bundesregierung favorisiert die Grüne Gentechnik
Nur 6 Prozent der Menschen in unserem Land sprechen sich für die Grüne Gentechnik aus, 80 Prozent lehnen sie ab. Wie erklärt es sich angesichts dieser Tatsache, dass diese Technologie von der Bundesregierung bejaht und die Forschung mit Hunderten von Millionen Euro gefördert wird? Im Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung steht sogar wörtlich drin: Die Amflora-Kartoffel der Firma BASF soll gefördert werden. Da stellt sich doch die Frage, wie kann es sein, dass in einem politischen Grundsatzpapier die Koalitionäre sich für ein Produkt einer Firma stark machen? Der Beantwortung dieser Frage wird in Abschnitt B nachgegangen. Zunächst sollen im Abschnitt A die für Verbraucher wichtigsten Punkte besprochen werden. Zum Abschluss wird noch kurz die Situation im Landkreis Ebersberg beleuchtet.
Gentechnische veränderte Pflanzen
Gentechnisch veränderte Pflanzen (gv-Pflanzen) gibt es seit 1983. Gentechnische Veränderungen von Pflanzen erfolgen durch künstliche Übertragung von Genen von anderen - häufig artfremden - Lebewesen in die zu modifizierenden Pflanzen. Beispiele: Kartoffeln mit dem Giftgen von Skorpionen, Erdbeeren mit Frostschutzgenen von arktischen Fischen oder Salat mit Genen von Ratten. (Eine knappe Einführung ist unter [1] zu finden). Gentechnische Veränderungen sind nicht zu verwechseln mit traditioneller Züchtung von Pflanzen. Letztere gibt es seit etwa 10000 Jahren. Sie funktioniert nur innerhalb einer Art oder verwandter Arten. Klassische Pflanzenzucht ist nach wie vor die wichtigste Methode neue, verbesserte Sorten zu erzeugen. Daneben gibt es auch Verfahren, die auf der Selektion von Exemplaren einer Pflanzensorte anhand des Vorkommens bestimmter Gensequenzen beruhen (auch smart breeding bezeichnet). Dadurch wird die Zucht neuer Sorten beschleunigt. Gentechnische Veränderungen haben als Hauptzielsetzung die Herbizidresistenz oder Insektenresistenz oder beides. Bei Herbizidresistenz sind die gentechnisch veränderten Pflanzen immun gegen ein Totalherbizid; alle anderen Pflanzen auf dem Acker werden nach dem Ausbringen des Totalherbizid vernichtet (und mit ihnen auch die davon abhängige Fauna). Das weltweit meist verkaufte Totalherbizid ist "Roundup" von Monsanto mit dem Wirkstoff Glyphosat. Insektenresistente Pflanzen sind gentechnisch so manipuliert, dass sie gegen Fraßfeinde, vor allem Raupen von Kleinschmetterlingen, ein Gift produzieren (das Toxin des Bazillus Thuringiensis). Beispiel: der Bt-Mais der Sorte Mon810. T
Technische Verfahren
Im wesentlichen werden zwei Verfahren für die gentechnische Veränderung benutzt: Das Schrotschussverfahren (winzige Metallteilchen mit dem darauf befindlichen Gen-Material werden auf die zu verändernde Pflanze geschossen) und die gt-Modifikation mithilfe des Bakterium Agrobacterium tumefaciens. Alle Verfahren funktionieren nicht zielgerichtet sondern nach dem Zufallsprinzip.Deshalb ist die Erfolgsquote sehr gering. Um die wenigen erfolgreich gentechnisch modifizierten Pflanzen zu selektieren, werden häufig Antibiotika-Markergene eingesetzt (z.B. bei der Kartoffelsorte Amflora).
Anbau von gv-Pflanzen
Kommerziell werden gv-Pflanzen seit 1996 angebaut. Es sind vor allem Soja (52%), Mais (31%), Raps (5%) und Baumwolle (12%). Weltweit werden auf etwa 130 Millionen Hektar gv-Pflanzen angebaut. Das sind etwa 2,8 Prozent der weltweit landwirtschaftlich genutzten Fläche. Davon entfällt etwa die Hälfte auf die USA (62Mio. ha). Argentinien (21 Mio. ha), Brasilien (21 Mio. ha), Kanada (8 Mio. ha), Indien (8 Mio. ha) und China (3 Mio. ha) teilen sich die andere Hälfte. In Europa erfolgt nennenswerter Anbau von gv-Mais nur in Spanien (ca. 100000 ha). Nach dem Verbot des Anbaus von Bt-Mais Mon810 durch das Bundesverbraucherministerium. gibt es in Deutschland keinen kommerziellen Anbau, wohl aber Versuchsanbau für Forschungszwecke (z.B. in Mecklenburg Anbau der gv-Kartoffel Amflora).
Zulassung und Import von gv-Pflanzen
Für die Erlaubnis zum Anbau und Import von gv-Pflanzen ist in Europa die EU zuständig. Derzeit ist der Anbau von Bt-Mais der Sorte Mon810 und der Kartoffelsorte Amflora zugelassen. 30 weitere gentechnisch veränderte Pflanzen haben eine Importzulassung als Lebens- oder Futtermittel. Die Zulassung für Anbau und Import von gv-Pflanzen erfolgt durch die EU-Behörde EFSA. Diese Behörde ist dafür bekannt, dass sie sehr industriefreundliche Entscheidungen fällt. Kein Wunder, stammen doch Mitglieder der EFSA aus Unternehmen der Chemieindustrie bzw. aus Gentechnik-Forschungslabors. So sind EFSA-Mitglieder in Werbefilmen von Biotechnologie-Firmen aufgetreten. Die Entscheidung über die Zulassung einer neuen gv-Pflanze für Anbau oder Import fällt meistens in der EU-Kommission, da die für die Zulassung zuständigen Umweltminister der EU-Staaten sich nie einigen können. Deutschland hat sich in der Vergangenheit fast immer der Stimme enthalten.
Unbekannte Risiken von gv-Nahrungs- und Futtermitteln
Ob Nahrungsmittel, die gv-Pflanzenbestandteile enthalten, für Menschen schädlich sind, ist nicht erwiesen. Da es in den USA keine Kennzeichnungspflicht für gv-Lebensmittel gibt, wissen die Menschen nicht, ob sie gv-Nahrung zu sich nehmen. Studien zur Verträglichkeit von gv-Lebensmittel gibt es nicht. Aber Vorsicht: Bei Tierversuchen mit Ratten, Mäusen und Bienen hat sich gezeigt, dass gv-Tierfutter zu Schäden an inneren Organen und zu geringerer Fruchtbarkeit führen kann. Eine ganz neue Studie aus Italien berichtet, dass bei Ziegen, die mit gv-Soja gefüttert wurden, Spuren der künstlichen DNA in den Organen der Zicklein gefunden wurden, die ausschließlich mit der Muttermilch der Ziegen gefüttert wurden. Von den Zulassungsbehörden werden Fütterungsversuche mit gv-Pflanzen von maximal 90 Tagen gefordert. In der staatlichen Versuchsanstalt in Grub im Landkreis Ebersberg wurde der weltweit einzige Fütterungsversuch mit Kühen über einen Zeitraum von 25 Monaten mit 18 Tieren durchgeführt. Dieser Versuch bestätigt angeblich die Gleichwertigkeit von gv-Mais und konventionellem Mais bei der Fütterung von Rindern. Die Versuchsdurchführung war allerdings mit so schwer wiegenden Mängeln behaftet, dass die Ergebnisse dieses Fütterungsversuchs kaum Aussagekraft haben!
Patente auf Leben
Die Gentechnik würde bei weitem nicht so intensiv betrieben werden, wenn es keine Aussicht auf die Erteilung eines Patentes auf das gv-Endprodukt geben würde. Nach der EU-Biopatentrichtlinie dürfen Patente auf Pflanzensorten und Tierarten nicht vergeben werden. Technische Erfindungen sind jedoch patentierbar. Mit diesem Trick ist es gelungen viele Pflanzen und Tiere zu patentieren. In den USA werden seit Jahren auch Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen vergeben. Und auch in Europa gibt es bereits Patente auf konventionelle Nutzpflanzen. Im Juli dieses Jahres wird sich entscheiden, ob ein Patent auf Brokkoli Bestand haben wird. Geplant ist eine Demonstration am 20. Juli vor dem EU-Patentamt.
Kennzeichnung
Nahrungsmittel, die gentechnisch veränderte pflanzliche Bestandteile enthalten, müssen in der EU gekennzeichnet werden, wenn a) diese gv-Bestandteile absichtlich vom Hersteller verwendet werden oder b) wenn die gv-Bestandteile 0,9 Prozent überschreiten und zufällig oder technisch nicht vermeidbar in dem betreffenden Nahrungsmittel enthalten sind. Solche Produkte werden derzeit in den Supermärkten kaum angeboten (unlängst ist allerdings eine Kekssorte aufgetaucht, die gv-Soja enthält). Nahrungsmittel von gentechnisch veränderten Tieren werden derzeit bei uns nicht angeboten. Im gro?en Umfang werden aber Nutztiere mit gv-Soja oder gv-Mais gefüttert. Tierische Produkte können mit dem Siegel "ohne Gentechnik" versehen werden, wenn die Tiere kein Gentechnikfutter erhalten. Dieses Siegel gibt es seit ca. einem Jahr und ist beispielsweise auf der H-Milch "die Faire Milch" abgedruckt. Bio-Lebensmittel mit dem Bio-Siegel - egal ob pflanzlich oder tierisch - dürfen grundsätzlich keine gentechnisch veränderten Bestandteile enthalten. Wer also ganz sicher gehen will und sich nicht mit der Kennzeichnung beschäftigen will, sollte Bio-Produkte kaufen. Für Bio-Produkte sprechen natürlich noch ganz andere Gründe, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Darüber hinaus gibt der Einkaufsführer von Greenpeace (im Internet verfügbar) Auskunft, welche Firmen darauf achten, dass die Tiere nur gv-freies Futter erhalten (aus unterschiedlichen Gründen wird von der Kennzeichnung "ohne Gentechnik" noch wenig Gebrauch gemacht). Milchprodukte der Firmen Müllermilch bzw. Weihenstephan bezeichnet Greenpeace als Genmilch-Produkte, .weil hier gv-Futter verwendet wird.
Die Nutzung von Kernenergie und Gentechnik gehört seit vielen Jahren zu den strittigsten Themen in der Gesellschaft. Beide Technologien sind mit nicht vorhersehbaren Risiken behaftet. Das macht vielen Menschen zu Recht Angst. Bei der Kernenergie ist es die Nutzung des "nuklearen Feuers", durch welches lange vor der Entstehung des Lebens die Materie entstanden ist. Bei der Gentechnik ist der Mensch dem (Alp)Traum näher gerückt, Leben erschaffen oder mindestens manipulieren zu können. Das Endprodukt dieser Technologie sind gentechnisch veränderte Organismen (GVO). Im Gegensatz zu allen früheren technischen Erfindungen wird mit der Grünen Gentechnik eine neue Dimension menschlichen Handelns erreicht. Der Mensch greift mit den Methoden der Gentechnologie ein in die Schöpfung, indem er Pflanzen so manipuliert, dass neue Lebenskonstrukte (gv-Pflanzen) entstehen, wie sie durch natürliche Evolutionsprozesse nie entstehen würden, auch nicht mit den Methoden der klassischen Züchtung. Von einem christlichen Standpunkt aus könnte man auch sagen, dass der Mensch sich mit der Anwendung der Gentechnik zum Schöpfer neuen Lebens erhebt. Anders als bei allen früheren technischen Erfindungen und Methoden können sich die neu geschaffenen künstlichen Lebenskonstrukte eigenständig vermehren und ausbreiten. Die längerfristigen Auswirkungen auf Lebewesen und Ökosysteme sind völlig unbekannt. Der Mensch betritt mit der Grünen Gentechnik völliges Neuland. Deshalb sollte man meinen, dass bei der Entwicklung und Nutzung dieser Technik von deren Erfindern und Nutznießern besonders verantwortungsvoll und behutsam vorgegangen wird, damit Menschen und Umwelt vor irreversiblen Schäden verschont bleiben. Denn die Geschichte der Menschheit ist ja auch eine Geschichte von Irrtümern und Katastrophen, als Folge leichtfertiger Einführung technischer Neuerungen. So zeigten von Wirtschaft und Politik gepriesene neue technische Produkte des öfteren bereits nach wenigen Jahren katastrophale Nebenwirkungen. Es dauerte dann meistens Jahrzehnte, bis die durch das neue Produkt verursachten Schäden eingestanden wurden und das betreffende Produkt schließlich verboten wurde. Als Beispiele seien genannt: FCKW, DDT, Atrazin, Contergan, Asbest, PCP, PCB, Blei in Kraftstoffen.
Die Einführung der Grünen Gentechnik ist keine Angelegenheit der Bio-Wissenschaften.
Ohne Zweifel hat die kommerzielle Nutzung transgener Pflanzen immense Bedeutung für die Gesellschaft und die Umwelt. Neben den wissenschaftlichen Untersuchungen zu gesundheitlichen Auswirkungen spielen ökonomische, soziale , ökologische und sogar kulturelle Aspekte eine wichtige Rolle. Deshalb dürfen Entscheidungen über den Umgang mit der Grünen Gentechnik nicht allein wissenschaftlichen Gremien überlassen werden, sondern sie dürfen nur in einem demokratisch legitimierten Diskurs von allen beteiligten gesellschaftlichen Gruppierungen getroffen werden.
Im Folgenden soll gezeigt werden, dass die Grüne Gentechnik unter vollkommen inakzeptablen Bedingungen erforscht wird.
Forschung in der Grünen Gentechnik
Im Gegensatz zu exakten naturwissenschaftlichen Disziplinen wie Astronomie oder Elementarteilchenphysik spielen bei den Biowissenschaften ökonomische Aspekte eine entscheidende Rolle. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass von den Wissenschaftlern, die sich mit Gentechnik beschäftigen, ca. 90 Prozent in der Industrie arbeiten. Von ihnen können selbstverständlich keine kritischen Äußerungen zu ihrem Forschungsgebiet erwartet werden. Aber auch die allermeisten Forscher an Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen sind nicht unabhängig, weil sie auf die so genannte Drittmittelfinanzierung der Industrie angewiesen sind. Damit sind sie aber bei der Veröffentlichung der Ergebnisse von ihren Geldgebern abhängig. Aber auch die wissenschaftlichen Zeitschriften sind durch die Inserate der Biotech-Firmen, auf die sie finanziell angewiesen sind, nicht unabhängig. Die chemische Industrie bestimmt mit, was veröffentlicht werden darf. In der Zeitschrift "Nature" musste aufgrund starken Drucks der Pro-Gentechnik-Lobby eine Veröffentlichung, die sich kritisch zur Agrogentechnik äußerte, zurückziehen (ausführlich in [2] , Seite 301 beschrieben).
In der Praxis sieht es häufig so aus: Wenn ein Forscher es wagt, sich kritisch zur Gentechnik zu äußern - vorausgesetzt er findet überhaupt eine wissenschaftliche Zeitschrift für seine Publikation --, muss er damit rechnen, dass er seine Karriere aufs Spiel setzt bzw. seine Anstellung verliert. (siehe den Fall Arpad Pusztai beschrieben in [2] und [3]). Das gilt für Europa und erst recht weltweit. Zahlreiche Beispiele belegen dies. Amerikanische Wissenschaftler haben unlängst beklagt, dass es beinahe nicht mehr möglich ist, sich kritisch mit der Gentechnik zu beschäftigen. Wer es dennoch tut, wird in kürzester Zeit mit einer Lawine von E-Mails und Telefonaten geradezu überschüttet. Manchmal erhält der Forscher auch noch unangenehmen Besuch, um ihn unter Druck zu setzen (Dr. Carrasco in Argentinien ist es so ergangen). Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier methodisch vorgegangen wird, um kritische Wissenschaftler einzuschüchtern bzw. ihren den Ruf zu ruinieren. Erst vor kurzem ist Prof. Seralini (Universität Caen) von Gentechnik-Wissenschaftlern massiv angegangen worden, weil er sich kritisch zu Glyphosat, dem Wirkstoff von Roundup von Monsanto, geäußert hatte. Unabhängige Wissenschaftler werden auch dadurch in ihrer Forschung behindert, indem ihnen notwendige Informationen und Saatgutproben von den Konzernen verweigert werden. Wen wundert es, dass es unter diesen Bedingungen in Deutschland nahezu keine kritischen Äußerungen von Gentechnikexperten zur Agrogentechnik gibt?
Die substantielle Äquivalenz von gv- und nicht gv-Pflanzen
In den USA werden seit 1996 gv-Pflanzen kommerziell angebaut (Soja, Mais, Raps, Baumwolle). Das ging ohne große Proteste über die Bühne, weil bereits 1992 die substantielle Äquivalenz von gv-Pflanzen und konventionell gezüchteten Pflanzen von der Aufsichtsbehörde FDA quasi gesetzlich verankert worden ist, obwohl diese Behauptung durch keinerlei Studien belegt war. Treibende Kraft war hier die Firma Monsanto, die sich mit großem Druck auf die staatlichen Behörden durchgesetzt hat. Damit schien es überhaupt keinen Anlass mehr zu geben, sich kritisch mit gv-Pflanzen zu beschäftigen und etwaige unbeabsichtigte Nebenwirkungen zu untersuchen, denn transgene Pflanzen waren ja per Definition so gut oder schlecht wie ihre nicht genmanipulierten Ausgangspflanzen. Die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln erübrigte sich somit ebenfalls. Es gibt sie in den USA bis heute nicht. Nachdem die Mär von der substantiellen Äquivalenz von der Politik und den Behörden in den USA geschluckt worden war, wird seit Jahren von amerikanischer Seite (auch hier ist Monsanto die treibende Kraft) versucht, diese verharmlosende - oder besser grob fahrlässige - Art des Umgangs mit gv-Pflanzen auf der ganzen Welt durchzusetzen, unter anderem über die Welthandelsorganisation (WTO). Derzeit sind vor allem Asien und Afrika im Visier der Gentechnik-Protagonisten. Für die Durchsetzung dieser Politik steht viel Geld zur Verfügung unter anderem von der Rockefeller Stiftung und seit neuestem von der. "Bill & Melinda Gates Foundation".
Gentechnik-Seilschaften in Deutschland
Und wie sieht es in Deutschland aus? Wir leben doch in einem Rechtsstaat! Wenn dem so ist, wie ist es dann zu erklären, dass bis heute noch kein einziges Strafverfahren wegen Inverkehrbringen von nicht zugelassenen gv-Nahrungsmitteln (der letzte Fall mit weltweit nicht zugelassenem gv-Leinsamen liegt erst einige Monate zurück) zu einer Verurteilung geführt hat. Dabei kann eine solche Straftat mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden. Da fehlt es anscheinend am nötigen Rechtsbewusstsein bei den damit befassten Stellen!
In einer von der grünen Bundestagsfraktion in Auftrag gegebenen Studie [4] bzw. in der noch weitergehenden Schrift von Jörg Bergstedt [5] lässt sich nachlesen, wie in Deutschland in den letzten 15 bis 20 Jahren ein engmaschiges Netz für Kontakte und gegenseitige Unterstützung geknüpft wurde, dessen einziges Ziel darin besteht, der Agrogentechnik in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen. Die Akteure im Netz sind Politiker und Biowissenschaftler an Universitäten, in öffentlichen Forschungseinrichtungen, wissenschaftlichen Akademien, Zulassungsbehörden, Industrie und Startup-Unternehmen, aber auch in Lobbyvereinigungen und neu gegründeten Expertenzirkeln. So ist zum Beispiel der neu berufene Bioökonomierat, der die Bundesregierung beraten soll, ausschließlich mit Gentechnikbefürwortern besetzt. In den beiden Broschüren wird geschildert, wie Gentechnikexperten in Werbefilmen von Saatgutfirmen auftreten und zugleich in Behörden über die Zulassung von gv-Pflanzen entscheiden. Einige besonders umtriebige Wissenschaftler bekleiden gleichzeitig mehrere Positionen in Startup-Unternehmen, Lobby-Vereinigungen und öffentlichen Forschungseinrichtungen. Häufig finden Wechsel von der Industrie zu Behörden bzw. in umgekehrter Richtung statt. Der Politik scheint die Kontrolle über ihre Behörden und Experten weitgehend entglitten zu sein. Die Entscheidungen über die Zulassung von gv-Pflanzen (sei es zum Anbau oder zum Import als Nahrungs- oder Futtermittel) wird damit dem freien Spiel wirtschaftlicher Interessen überlassen. In dem Papier von A.Lorch und C.Then heißt es dazu " Die Politik ist umschlungen von einem fast undurchdringbaren Geflecht von Experten, Consulting-Firmen, Spezialagenturen, Arbeitsgruppen, Initiativen und den vielfältigen Aktivitäten ihrer Beamten, die gemeinsam mit der Industrie sowohl die Risikobewertung als auch die Risikokommunikation organisieren und dabei Politik und Öffentlichkeit zu ihrem Spielball machen."
Da stellt sich schon die Frage, wie kann es sein, dass der Wille der Bürger von der Politik völlig ignoriert wird und fast ausschließlich die Interessen der Industrie vertreten werden? Wie konnten sich solche Zustände bei uns entwickeln, die man eher in einem von skrupellosen Politikern regierten Schurkenstaat erwarten würde. Und weiter: Gibt es solche demokratisch nicht legitimierten Prozesse und Lobbyverbindungen auch auf anderen Gebieten?
Das Märchen von der Beseitigung des Hungers
Die Befürworter der Grünen Gentechnik argumentieren etwa wir folgt: Im Jahr 2050 werden ca. 9 Milliarden Menschen die Erde bevölkern. Die müssten ernährt werden bei gleichzeitig schrumpfender landwirtschaftlicher Anbaufläche (Versalzung der Böden, Ausbreitung der Wüsten und Halbwüsten, geringere Ernteerträge infolge Klimaerwärmung). Um die wachsende Zahl der Menschen ernähren zu können, seien ertragreichere Getreidesorten erforderlich. Die Entwicklung solchen Saatguts sei ohne die Gentechnik nicht möglich. Nur mit den Methoden der Biotechnologie könne der Hunger erfolgreich bekämpft werden. Antwort: Kommerziellen Anbau von gv-Getreide gibt es seit 1996. Dennoch ist in den vergangenen 15 Jahren die Zahl der weltweit von Hunger betroffenen Menschen um etwa 200 Mio. gestiegen. gv-Soja und gv-Mais werden fast ausschließlich als Futtermittel genutzt, nicht für die menschliche Ernährung. Damit wird der weltweit steigende Fleischkonsum (vor allem in Indien, China) gefördert. Hunger hat seine Ursache in der schlechten Verteilung von Nahrungsmitteln, Preismanipulationen (Getreidebörse von Chikago!), Vetternwirtschaft und mangelnder politischer Wille, Zerstörung der eigenen Nahrungsmittelproduktion durch Nahrungsmittelexporte der westlichen Industrieländer (Beispiel: Haiti) und neuerdings auch durch die Verwendung als Energiepflanzen (Ethanol-Produktion in Brasilien). In Deutschland dient nur etwa 20 Prozent der Getreideernte der menschlichen Ernährung, zwei Drittel landen in den Mägen der Nutztiere. Ähnlich ist die Situation in den anderen Industriestaaten. Der Weltagrarrat, ein von der UNO einberufenes Gremium von ca. 500 Fachleuten, hat in seinem Abschlussberichtt darauf hingewiesen, dass nicht die industriell, mit den Methoden der Biotechnologie betriebene Landwirtschaft ein Ausweg aus der Hungerkrise ist sondern die kleinteilige, regional angepasste Landwirtschaft nach ökologischen Kriterien.
Das Märchen von den besseren Ernten
Bis jetzt konnte der Beweis nicht erbracht werden, dass gv-Pflanzen höhere Erträge erbringen. Nur in einigen Fällen konnte kurzfristig eine Ertragssteigerung erzielt werden. Für die Landwirte stellt sich die Situation noch ganz anders dar: Sie müssen für viel Geld teures Saatgut und das zugehörige Spritzmittel kaufen. So gelangen die Bauern in kurzer Zeit in die totale Abhängigkeit der Saatgutfirmen.
Das Märchen von den ökologischen Vorteilen
Seit Jahren wird behauptet, dass gv-Pflanzen weniger Spritzmittel benötigen. Abgesehen davon, dass im ökologischen Anbau überhaupt keine chemischen Spritzmittel verwendet werden, stimmt die Behauptung nicht. Tatsache ist, dass bei Herbizidresistenz Unkräuter durch Anpassung unempfindlich gegen die ausgebrachten Spritzmittel (vor allem Roundup von Monsanto) werden. Es gibt mittlerweile etwa 18 sog. Superunkräuter, die nur noch mechanisch oder mit hoch giftigen Herbiziden bekämpft werden können. Gv-Pflanzen mit Insektenresistenz, die gentechnisch so verändert sind, dass sie ihr eigenes Insektengift, (Gift aus dem Bakterium Bazillus thuringiensis) herstellen, benötigen in den ersten Jahren weniger Insektengift. Später entwickeln sich jedoch andere Insekten und andere Schädlinge, die gegen das Gift unempfindlich sind. So wird auch hier die Spirale der zusätzlichen Gifte weiter angekurbelt und keinesfalls Gifteinsatz gespart.
Das Märchen von der Koexistenz
Laut Vorgabe der EU sollen konventionelle Landwirtschaft, Ökolandbau und Gentechnikanbau nebeneinander stattfinden können. Alle bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, dass dies nicht möglich ist: Durch Bienen und Wind wird Pollen von gv-Pflanzen über viele Kilometer verbreitet. Auch die Imkerei ist existentiell gefährdet, wenn gv-Pollen in den Honig gelangen. So hat ein Imker den Freistaat Bayern auf Schadenersatz verklagt, weil sein Honig mit Pollen von Bt-Mais verunreinigt und damit unverkäuflich wurde. Dies alles zeigt, dass ein Nebeneinander von Gentechnikanbau und gv-freier Lebensmittelproduktion nicht möglich ist. Unternehmen der Versicherungswirtschaft lehnen es aus gutem Grund ab, Haftungsschäden infolge gv-Anbaus zu versichern.
Situation im Landkreis Ebersberg
Im Jahr 2004 hat die Kreistagsfraktion der Grünen einen Antrag eingebracht, in dem u.a. gefordert wurde die Bildung eines gentechnikfreien Landkreis Ebersberg zu unterstützen und in den kreiseigenen Einrichtungen (z.B. Kreisklinik) auf gentechnik freie Ernährung zu achten. Dieser Antrag ist im Kreistag auf Drängen des Landrats nicht behandelt worden. Im Laufe des Jahres wurde bekannt, dass der Bruder des Landrats gv-Mais anbauen wollte. Zusätzlich wurde auf dem Staatsgut in Grub BtMais angebaut. Der Unmut bei Grünen, Bauern und Naturschützern wurde immer größer. Schließlich fand im Herbst 2004 die Sendung "Jetzt red i" vom Bayerischen Rundfunk in Ebersberg statt. Die damalige Staatsministerin Christa Stewens schaltete sich in den Streit ein und versprach im Landkreis flächendeckende Veranstaltungen, um den Bürgern "die Angst zu nehmen und sie aufzuklären". Es gab allerdings zu diesem Thema nur zwei Veranstaltungen. Bauern protestierten vor einer Veranstaltung in Ebersberg, der Staatsschutz schaltete sich ein und in den auf die Referate folgenden Diskussionen meldeten sich bei nur Gegner der Agrogentechnik. Die CSU stellte daraufhin die Veranstaltungen ein. Seitdem tritt außer MdB Dr. Max Lehmer im Landkreis niemand mehr öffentlich für die Grüne Gentechnik ein. Mit dazu beigetragen hat sicherlich auch der Arbeitskreis Gentechnik des Bund Naturschutz. Hier sitzen Landwirte, Wissenschaftler, Verbraucher an einem Tisch und setzten sich mit gro?em Engagement für eine Landwirtschaft ohne Gentechnikanbau und gv-Futtermittelimporte ein.
Literatur:
[1] Umweltinstitut München: "manipuliertes Leben"
[2] Jeffrey Smith: "Trojanische Saaten"
[3] Arpad Pusztai, Susan Bardocz: "Sicherheitsrisiko Gentechnik", Buch mit DVD
[4] Antje Lorch, Christoph Then: "Kontrolle oder Kollaboration? Agrogentechnik und die Rolle der Behörden"
[5] Jörg Bergstedt: "Organisierte Unverantwortlichkeit",elektronisch hier:
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