14.01.18 –
Die Anforderungen für die Beratung, den Schutz und die Unterkunft für Frauen und Kinder mit Gewalterfahrung haben sich in den letzen Jahren verändert. Frauenhäuser leiden an Unterfinanzierung und Überbelegung, die Frauen finden nur schwer einen bezahlbaren Wohnraum, die Gesetzeslage hat sich verändert….
Antragstellerin Waltraud Gruber fordert deshalb die Erstellung eines Gesamtkonzepts das mit den verschiedensten Akteuren erarbeitet werden soll. Mitwirken sollen dabei die hauptamtlich Tätigen des Frauenhauses Erding, des Frauennotrufs Ebersberg, den entsprechenden Vereinen, Vertretern der Politik, der Polizei, der Ärzte, der Kreisklinik, des Jobcenters etc.
Der Einsatz der Finanzmittel für das Frauenhaus Erding seitens des Landkreises Ebersberg soll dabei transparent dargestellt werden. Über die Finanzierung und den Einsatz der Mittel insgesamt, soll nach Abschluss des Gesamtkonzepts beraten werden.
In der Begründung geht Gruber auch auf die Entwicklung im Erdinger Frauenhaus ein, das vom Landkreis Ebersberg mitfinanziert wird. Der Landkreis Erding hatte dem „Sozialdienst katholischer Frauen“ als Träger des Frauenhauses Erding gekündigt. Angeführt wurden finanzielle Gründe. Bestätigt wurde aber von vielen Seiten, dass der „Sozialdienst katholischer Frauen“ im Erdinger Frauenhaus hervorragende Arbeit geleistet hat. Die Kündigung führte zu heftiger Kritik von vielen Seiten. Nach einer Ausschreibung, an dem sich die Träger der Wohlfahrtspflege nicht beteiligten, übernimmt nun im März das BRK das Erdinger Frauenhaus. Über die Konditionen der Ausschreibung konnte der Landkreis Ebersberg nicht mitbestimmen.
Der Frauen- und Mädchennotruf Ebersberg wird ebenfalls vom Landkreis Ebersberg unterstützt. Der Frauennotruf leistet, so Gruber, hervorragende Arbeit und ist im Landkreis Ebersberg fester Bestandteil der Hilfe für Frauen und Mädchen in Notsituationen.
Frauenhäuser im Speckgürtel von München und auch der Frauennotruf haben insbesondere das Problem, dass sie wegen dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum die Frauen und Kinder nicht in Wohnungen unterbringen können und sich daher die Belegzeiten in den Frauenhäusern verlängern. Das führt zu Engpässen und Versorgungslücken bei den Frauenhäusern. Die Grüne Kreistagsfraktion findet es an der Zeit, die Situation in einem großen Rahmen umfänglich zu betrachten.
Die im Februar 2016 veröffentlichte „Studie zur Bedarfsermittlung zum Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder in Bayern“ , die vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) in Auftrag gegeben wurde, wurden mehrere Problembereiche sichtbar, die einer ausreichenden Deckung des Bedarfs an Schutz und Unterstützung gewaltbetroffener Frauen in Bayern entgegenstehen:
- Der Bedarf an Frauenhausplätzen ist nicht ausreichend gedeckt; es ist unter den derzeitigen Bedingungen von einem erheblich höherem Bedarf an Schutzplätzen auszugehen; jährlich müssen in Bayern mindestens so viele Frauen von Frauenhäusern aus Kapazitätsgründen abgewiesen werden wie in den Frauenhäusern aufgenommen werden können.
- Das Problem ist eng gekoppelt mit dem ungenügend zur Verfügung stehendem Wohnraum, der Frauen dazu zwingt, länger im Frauenhaus zu verbleiben, wodurch weniger Plätze für neue schutzsuchende Frauen freiwerden; hinzu kommen die geringen Ressourcen vieler betroffener Frauen und ein zum Teilerhöhter Unterstützungsbedarf vor dem Hintergrund psychosozialer multipler Problemlagen, welche ebenfalls oft einen längeren Frauenhausaufenthalt und höhere Beratungs-und Begleitungskapazitäten erforderlich machen.
- Die Stellenkapazitäten in den Frauenhäusern sind für die fachgerechte Arbeit nicht ausreichend; sie sollten erhöht werden und vor allem zusätzliche Aufgaben wie Leitung und Verwaltung, Hauswirtschaft, Begleitung zu Ämtern und Behörden, nachgehende Arbeit, Vernetzung und Prävention in der Stellenbemessung berücksichtigen; darüber hinaus stehen zu wenig Stellen für die Betreuung der Kinder und die Mutter-Kind-Beratung zur Verfügung.
- Die Finanzierung ist vielfach nicht so ausgestaltet, dass eine Kostenübernahme für auswärtige Frauen problemlos gewährleistet ist; zudem sind viele Häuser auf das Einbringen von Spenden und Eigenmitteln angewiesen; die Tagessatzfinanzierung stellt auch für betroffene Frauen ein Problem dar, das sie zwingt, Sozialleistungen zu beantragen oder Eigenanteile für Miete und Lebensunterhalt für ihren Aufenthalt im Frauenhaus beizusteuern; eine pauschale institutionelle, durch Land und Kommunen gemeinsam getragene Finanzierung der Frauenhäuser würde diese Probleme lösen helfen.
- Die Kapazitäten für die Beratung gewaltbetroffener Frauen in Frauenberatungsstellen/Frauennotrufen in Bayern sind vor dem Hintergrund eines sehr hohen Beratungsaufkommens und einer erforderlichen erhöhten Beratungsintensität deutlich zu gering bemessen; hinzukommt, dass Frauen in vielen Regionen auf kein ortsnah vorhandenes Unterstützungssystem zurückgreifen können; (mobile)ambulante und nachgehende Arbeit, aber auch die Beratungskapazitäten in den Frauenberatungsstellen/Frauennotrufen sind deshalb auszuweiten.
- Für die Unterstützung und Begleitung der Kinder stehen vor Ort zu wenig Möglichkeiten zur Verfügung; sowohl im Frauenhaus als auch im vorhandenen System der Kinder-und Jugendhilfe stehen zu wenig Kapazitäten und eine ungenügende Angebotsstruktur bereit, damit Kinder und Jugendliche, die häusliche Gewalt zwischen den Eltern erlebt haben, die Ereignisse überwinden und verarbeiten können; sie und ihre Mütter sind zudem im Kontext des elterlichen Umgangs nicht ausreichend vor weiterer Schädigung geschützt.
- Für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder fehlen zeitnahe Therapiemöglichkeiten.
- Bestimmte Zielgruppen können durch die bestehenden Angebote nur unzureichend geschützt und unterstützt werden; dazu gehören:
- Weibliche Flüchtlinge und Frauen mit Migrationshintergrund
- Frauen, die von Zwangsverheiratung, Menschenhandel und Zwangsprostitution betroffen sind
- Frauen mit Behinderungen - Frauen mit Sucht-und psychischen Erkrankungen
- Frauen aus ausländlichen Gebieten
- Frauen, die mit älteren Söhnen Zuflucht in einem Frauenhaus suchen
- Frauen mit Multiproblemlage
- Männer, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. - Es ist mehr Prävention erforderlich, um Gewalt und ihre Fortsetzung zu verhindern; Täterberatung und Täterarbeit, eine konsequentere Anwendung des Gewaltschutzgesetzes, aber auch Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Prävention bei Kindern und Jugendlichen sowie der nachgehenden Arbeit sollten intensiviert und verstetigt werden.
- Um die genannten Probleme zu lösen und einen verbesserten Rahmen für Gewaltprävention, Schutz und eine adäquate Unterstützung gewaltbetroffener Frauen und ihrer Kinder zu schaffen, sind eine stärkere Kooperation und von kommunaler und Landesebene gemeinsam getragene Problemlösungsstrategien im Sinne einer Gesamtverantwortlichkeit erforderlich; außerdem fehlt bislang eine bayernweite Koordinierung von Maßnahmen, Informationen und Aktivitäten.
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