Bündnis 90/Die Grünen

im Landkreis Ebersberg

In Zeiten, in denen die Demokratie europaweit und auch in Deutschland von Rechtsextremen angegriffen wird, geht es bei der Europawahl am 9. Juni darum, wie sich Europa im globalen Wettbewerb zwischen Demokratie und Autokratie aufstellt. Geben künftig rechtsextreme Kräfte im Europäischen Parlament den Ton an – oder wir Demokrat*innen? Wir werden auch im Landkreis Ebersberg für ein starkes grünes Ergebnis kämpfen, damit Europa auch künftig unseren Wohlstand klimaneutral sichern kann. So können wir den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken, Frieden bewahren und unsere Demokratie schützen.

Unser Motto dafür ist: Machen, was zählt!

Aus der Krise für die Zukunft!

Pandemie? Chance zur Lösung der Klimakrise!

Der Kreisvorstand unterstützt eine Initiative des Bundesarbeitskreises Energie der Grünen: Covid19 wird unsere Welt für immer verändern. Nutzen wir diese Krise für eine gerechtere Welt mit einem lebenswerten Klima für alle.

20.04.20 –


Ausgangslage 

Die Coronakrise wird uns noch bis weit ins Jahr 2021 beschäftigen. Das Virus kennt keine Grenzen. Weder physische, noch sonstige. Die Krise ist die größte gesundheitspolitische, bürger*innenrechtliche, soziale, kulturelle und vor allem auch wirtschaftspolitische Herausforderung der jüngeren Geschichte. Sie ist eine schwere Prüfung, besonders für die einkommensschwächeren Menschen und Länder – ihnen gilt unser Mitgefühl und unsere Solidarität. Doch schon jetzt ist es entscheidend, über die akute Krise hinaus zu blicken. Es zeichnet sich immer stärker ab, dass die Covid19-Pandemie eine echte Chance auf eine nachhaltige Verbesserung bietet, auf einen Neustart, der die gesamte Gesellschaft in den Blick nimmt und nach vorne denkt.

Wir können diesen Neustart nutzen, um entscheidende Weichen zu stellen für die Lösung der Klimakrise, gerade mit Blick auf die Produkte, Prozesse und Emissionen von Industrie, Verkehr und Wärmeerzeugung. Wir können jetzt auf einmalige Weise umsteuern, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens doch noch zu erreichen. Wir können Deutschland digital weiterentwickeln, Bürokratie abbauen, unsere europäischen Vernetzungsmöglichkeiten noch stärker nutzen und so ein Europa für das 21. Jahrhundert schaffen. 

Wir brauchen einen staatlichen Schutzschirm für Zukunftsinvestitionen, auch für die Kommunen, der- sofort und in Zukunft- sowohl die konsumtiven als auch investiven Aufwendungen für die Daseinsvorsorge und die so genannte kritische Infrastruktur sichert. Mittel- und langfristig sollen klimafreundliche Investitionen finanziert werden, die sich an sozialen, ökologischen und gemeinwohlorientierten Zielen orientieren. Dies muss solidarisch refinanziert werden: Höhere Einkommen und Vermögen sollen dabei stärker herangezogen werden. 

Die Krise unterstreicht eindrücklich, wie sehr alles global vernetzt und verwoben ist. Dazu gehört auch ein Bewusstsein für Abhängigkeiten und die Angreifbarkeit von vielfach abgestuften Lieferketten, die uns beunruhigen können. Es zeigt sich, was bei vorhandener Einsicht und starkem politischen Willen möglich ist. Wie wirksam und zielorientiert internationale Zusammenarbeit funktionieren kann. Wichtiger aber noch: Wir sehen, wie bereitwillig, wie phantasievoll und wie gerne die Bürger*innen einander helfen, die Starken die Schwachen schützen und alle an einem Strang ziehen.

Diese neue Energie sollten wir erhalten, verstärken und vor allem nutzen, um eine noch viel größere Krise wirkungsvoll zu bekämpfen: die Klimakrise. Für die Eindämmung von SARS-CoV-2 wird  vorbildlich viel mobilisiert; das ist gut so. Umso befremdlicher wirkt vor diesem Hintergrund aber,  wie unzulänglich die Maßnahmen für das Klima waren und sind. Denn der Lebensraum Planet Erde wird bereits jetzt vielerorts für uns unbewohnbar und die Klimakrise bedroht unser Leben in vielfacher Weise.

In den Mitgliedstaaten der EU und auch weltweit werden bislang ungekannte Geldsummen für  Hilfspakete mobilisiert, und absehbar sogar noch mehr. Das ist richtig, um den Zusammenbruch ganzer Branchen und Wirtschaftszweige zu verhindern. Doch diese Ausgaben, besonders die Neustartprogramme für die Zeit nach der Krise, müssen intelligent und zukunftstauglich sein, denn sie setzen auch den wirtschaftlichen Rahmen für die nächste Dekade und darüber hinaus. Der Umstieg in eine nachhaltige und damit auch widerstandsfähigere Wirtschaft und Gesellschaft muss daher zum Leitgedanken und Maßstab aller Neustartmaßnahmen werden. 

Ein Schlüssel, um Widerstandsfähigkeit (Resilienz) und Nachhaltigkeit zu erreichen, ist ein schneller, vor allem beherzterer Umstieg auf erneuerbare Energie und eine drastische Steigerung der Energieeffizienz. Damit schützen wir nicht nur das Klima. Wenn wir diesen Weg beschreiten, erhöhen wir auch unsere regionale und lokale Resilienz, institutionalisieren Partizipation und  senken – weil schon heute keine Energieform billiger ist als Wind und Sonnenenergie - neben den indirekten auch noch die direkten Kosten.

Sofortmaßnahmen für die Wirtschaft: Staatshilfen koppeln an Klimaziele! 

Die Gestaltungsmöglichkeiten beginnen bei den Sofortmaßnahmen. Wir fordern: Staatshilfen  koppeln an Klimaziele! Das primäre Ziel der Sofortmaßnahmen muss das Verhindern eines Wirtschaftseinbruchs mit möglicher Massenarbeitslosigkeit und schwerwiegenden gesellschaftlichen Konsequenzen sein. Gleichzeitig besteht aber das Risiko, dass unterschiedslos jede Art von Wirtschaftstätigkeit unterstützt wird und somit die Klimakrise unkontrolliert weiter eskaliert. Wir schlagen daher einen differenzierten Ansatz vor: 

  • Selbstständige und Kleinbetriebe sollen bedarfsgerecht und unbürokratisch Hilfen erhalten. Es wird gleichzeitig angekündigt, dass Veränderungen, die zur Erreichung der Klimaziele nötig sind, bei der Abwicklung der Soforthilfen gefördert und im weiteren Verlauf mit Beratungs- und Fördermaßnahmen unterstützt werden.
  • Im Fall mittelständischer und [etwas größerer] Betriebe sollten die Rückzahlungskonditionen ex-post an Maßnahmen zur Verbesserung der Klimabilanz gekoppelt werden: Wer etwas Gutes für das Klima tut, soll daraus einen Vorteil haben. Eine Maßnahme hier könnte eine bis 203 befristete Umsatzsteuer-Befreiung für CO2-freie Produkte und Dienstleistungen sein. Messen und Eventveranstalter könnten langfristig voll-digitale Angebote und Formate anbieten. Sie könnten zudem die Nutzung von CO2-freien Lösungen für die kurzfristige, autonome Stromversorgung ausbauen. Steuererleichterungen, wie beispielsweise ein Aussetzen der Mehrwertsteuer für CO2-frei Veranstaltungen, könnten hier als ein Instrument genutzt werden. Auch wenn dies für den europäischen Verbrauch eine geringe Rolle spielt, schafft Lerneffekte auch für Anwendungen in Entwicklungsländern und bringt einen zusätzlichen Schub für saubere, dezentrale Energieversorgung in Allgemeinen. Restaurants und Kantinen, können den  Verbrauch von Einmalverpackung beim Ein- und Verkauf sowie Nahrungsmittelvernichtung minimieren und regionale Wertschöpfungsketten stärken.
  • Im Fall von Unternehmen mit signifikanten CO2-Emissionen werden Hilfspakete in den meisten Fällen dezidiert verhandelt. An dem Fortbestand von großen Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen hängen viele Arbeitsplätze. Sie jetzt in der Krise zu retten, ist daher ein zentrales Ziel. Gleichzeitig müssen bei diesen Unternehmen jetzt Weichen für eine klimafreundliche Zukunft gestellt werden, nur so können sie langfristig krisenfest fortbestehen. Hier muss gelten: Wenn der Staat größere Unternehmen rettet, müssen diese einen Plan vorlegen, wie sie bis 2035 klimaneutral werden. Von der derzeitigen Corona-Krise sind die Reiseindustrie und Luftfahrt  besonders betroffen. Hier sollten staatliche Hilfen nur vor dem Hintergrund geleistet werden, dass sich Unternehmen zukunftsfest und klimaneutral weiterentwickeln.

Für die Stahl- und Schwerindustrie gibt es bereits eine Vielzahl konkreter Ideen, wie diese CO2-frei, bzw. klimaneutral werden können. Der Transformationsbedarf war schon vor der aktuellen Krise hoch und es stehen ohnehin große Investitionen im Sektor an. Ein gutes Beispiel ist die europäische Stahlindustrie, wo ohnehin größere Erneuerungsinvestitionen anstehen und ein Umstieg von Hochöfen auf Direktreduktion mittels grünem Wasserstoff eine unmittelbare Dekarbonisierungsoption darstellt. Jetzt genau ist der Moment, um hier klare Verpflichtungen einzufordern, um Unternehmen fit für eine CO2-freie Zukunft zu machen. 

Mobilität ist von der Krise besonders betroffen. Sofortmaßnahmen sollen dem Prinzip des Verlagerns, Vermeidens und Vernetzens folgen. Aufgrund fehlender Anreize setzt der Hauptzweig unserer Industrieproduktion jedoch immer noch auf große und schwere Pkw. Jetzt ist der Zeitpunkt, den Aufbau einer zukunftsfähigen und klimaschützenden Mobilität auch in der Automobilindustrie voranzutreiben. Wir sollen die Fertigungspause für einen beschleunigten Start in die volle E-Mobilität auf Basis grünen Stroms und in den Rollout von modernen Mobilitätskonzepten nutzen.

All das verlangt aber natürlich, dass erneuerbare Energie auch ausreichend zur Verfügung steht. Die deutsche Erneuerbaren-Industrie darf nicht weiter abgewürgt werden, sondern muss ihr volles Potential ausnutzen können. Der 52 GW PV-Deckel muss im Rahmen der Sofortmaßnahmen aufgehoben werden, genauso wie unsinnige Abstandsregeln beim Wind. Die schlimmsten Gängelungen beim Mieterstrom und der Sektorenkopplung müssen ebenfalls sofort weg. Hierzu haben wir bereits eine Reihe von konkreten Vorschlägen, die sofort umsetzbar sind, vorgelegt, wie  zum Beispiel ‚Nutzen statt Abregeln‘.

Transformation zur Dekarbonisierung statt 08/15-Konjunkturprogramm: Jetzt die saubere und digitaltaugliche Infrastruktur für morgen bauen!

Wir nutzen Investitionen in Infrastruktur, aber auch in Daseinsvorsorge, um dort Tempo zu machen, wo es am nötigsten gebraucht wird: in Energiewirtschaft, Wärme und Verkehr - von Erzeugung über Neben Netze bis zu Speichern und Integrationstechnologien. Dies schafft eine zusätzliche Dynamik auch für 108 den Europäischen Green Deal (s. unten). Wir fordern: 

  • Schiene und Rad statt Straße, weg vom Verbrenner: Der Straßenbau steht in  Konjunkturprogrammen oft im Fokus. Wir setzen auf Bahntrassen, Radwege und Ladeinfrastruktur. Streckennetzausbau und -ertüchtigung sollten erste Priorität haben. Dies muss ergänzt werden durch einen ambitionierten Ausbau im schienengebundenen  Personen- und Güterverkehr, der durch eine breit aufgestellte und bundesweite ÖPNV-Finanzierungs- und Image-Offensive begleitet werden muss. Zu dieser Offensive gehören  u.a. ein ticket- und kostenloser Nahverkehr, finanziert durch eine Solidar-Abgabe aller steuerzahlenden Bürger*innen, geeignete Schutzmaßnahmen in Bussen und Bahnen (z.B.  Ausgabe von Masken, Ausbau der Taktfrequenz, Erhöhung der Fahrgastkapazitäten), die Modernisierung von Waschräumen in den Zügen des Nah- und Fernverkehrs, ein Reaktivierungsprogramm für brachliegende Schienenstrecken und eine bessere, länderübergreifende Vernetzung. 
  • Beim Straßenverkehr geht es jetzt weniger um neuen Asphalt, sondern um attraktive  Angebote für Rad und ÖPNV sowie Tempo bei Lade- und Tankinfrastruktur für Strom und  Wasserstoff, letzteres insbesondere für den Schwerlastverkehr. Kaufprämien darf es nur für echte Elektromobile geben. Ein Bonus-Malus-System, bei dem für umweltschädliche Fahrzeuge und ihre Produktion höhere Abgaben anfallen, fördert den Umstieg vom Privat-Pkw auf den öffentlichen Verkehr, das Rad oder anderes. 
    Neben finanziellen Aspekten für einzelne gibt es eine Vielzahl von Maßnahmen, um alternative Mobilitätskonzepte zu ermöglichen. Dieser werden wir angehen. Dazu gehört die Umnutzung von mehrspurigen Fahrbahnen für Radfahrende, eine allgemeine Temporeduktion für den Kraftverkehr, eine Überarbeitung des Stellplatzverordnung  zugunsten von Grün-, Spiel- und Begegnungsflächen sowie breiteren Fußwegen, 
  • Sanierungsoffensive, Sofortausstieg Ölheizung und Wärmenetze 4.0: Wir müssen die nachhaltige Gebäudedämmung - bevorzugt mit nachhaltig erzeugten biobasierten Materialien - massiv beschleunigen, brauchen eine Abwrackprämie und weitere Fördersysteme für den klimafreundlichen Ersatz von fossilen Heizungen. Hierzu brauchen  wir eine Offensive für Ausbau und Schaffung von intelligenten Wärme- und Kältenetzen, intelligente Nutzung von Solar- und Geothermie, Wärmepumpen, sowie die umfassende Nutzung der lokal vorhandenen Abwärmepotenziale. Eine neu zu schaffende  Sanierungspflicht sollte zur Durchführung der notwendigen Maßnahmen (z.B. verpflichtende  Wärmeplanung etc.) mit einem Fonds zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit kombiniert werden. Serielles Sanieren bietet die Chance, Sanierungen einfacher und günstiger zu machen. Durch ein staatliches Investitionsprogramm muss deshalb eine Industrie für  serielles Sanieren aufgebaut werden.
  • Integrierter Ansatz für Digitalisierung: Wo immer möglich werden wir den Infrastruktur-Ausbau nutzen, um Hochgeschwindigkeits-Datennetze zu schaffen und zu stärken. Auch hier bedarf es einer integrierten Lösung, die die finanzielle Handlungsfähigkeit von Kommunen sichert.
  • Umschulungsprogramm für Arbeitsplätze im Handwerk. Ohne qualifizierte Handwerker*innen wird weder der Ausbau der Erneuerbaren, noch der Umbau unserer  Straßen, Häuser und Städte gelingen. Wir wollen daher die Ausbildung und Umschulung für Energie(Effizienz)-techniker*innen fördern und so gleichzeitig regionale Wertschöpfung stärken.

Regionale Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Industriestrategie: Ein starkes Europa für das 21. Jahrhundert!

Die notwendige Transformation der Wirtschaft erfordert ein hohes Maß an internationaler Zusammenarbeit und gemeinsamen Vorgehen. Dabei gilt es eine Balance zu halten aus schnellem Voranschreiten mit hohen Ambitionen auf der einen Seite und dem ‚Mitkommen ‘ aller auf der anderen. Europa bietet vor diesem Hintergrund sehr gute Möglichkeiten, um gemeinsam ambitionierte Konzepte zu implementieren. Jetzt ist die Zeit, die Grundlagen für ein solidarisches Europa zu schaffen! Jetzt gilt es den Green Deal konsequent und gestärkt voran zu treiben. Im Energiebereich hat Europa hier eine Reihe von konkreten Möglichkeiten. Dazu gehören: 

  • Innereuropäische Wind- und Solaroffensive. Europa hat sehr hohe Potentiale für saubere Energie – vom Norden Finnlands bis an die Südspitze von Griechenland, von der Irischen Küste bis ans Schwarze Meer. Diese können wir sowohl dezentral als auch durch die systematische Nutzung bestehender und den gezielten Ausbau neuer Leitungen zum innereuropäischen Energieausgleich nutzen. Ein solcher koordinierter Ansatz zu Erzeugung und Transport von erneuerbarem Strom gewährleistet weiterhin hohe Versorgungssicherheit und ist der energetische Grundpfeiler für einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort Europa. In diesem Bereich sind auch Sofortmaßnahmen, wie eine europäische Solarinitiative, sinnvoll und möglich. 
  • Sektorenkopplung und grüner Wasserstoff: Zudem können wir die hohen EE-Potentiale gerade in Ländern, die dringend wirtschaftliche Impulse brauchen, zum Aufbau von innovativen Technologien für Sektorenkopplung und grünen Wasserstoff nutzbar machen. Dazu zählen Elektrolyseure jeder Größe, Brennstoffzellen, Großwärmepumpen, Batteriespeicher, Wärmespeicher, vernetzte Steuerungstechnik: Das sind Technologien, die wir auf dem gesamten Kontinent nutzen können. Eine stärkere europäische Fertigungsbasis sollte für Solarmodule gezielt wiederaufgebaut und für Windenergieanlagen erhalten werden. 
  • Transformation der Bestandsindustrien: Der Erhalt der industriellen Basis ist uns wichtig. Die konsequente Transformation zu nachhaltigen Materialien, Ressourceneffizienz, Energieeffizienz und Kreislaufwirtschaft. Kreislaufwirtschaft fördert Innovation, Zukunftsfähigkeit und Chancen auf allen Märkten. Forschungsprojekte, Start-ups und  bestehende Unternehmen, deren Lösungen und Produkte auf Prinzipien der Kreislaufwirtschaft basieren, sollen besonders unterstützt werden. Wir machen dabei die Nutzung von grünem Strom und Gas zum Standard und stellen ganze Produktionsprozesse komplett auf eine neue Materialbasis um. Dies zu erreichen, erfordert eine kluge Kombination an Förderinstrumenten mit einer fortgesetzten und dynamisch zunehmenden Bepreisung von CO2-Emissionen. 

Globale Solidarität: Ein Hilfspaket für mehr Resilienz und eine weltweite Energiewende

Unsere Solidarität hört nicht an Europas Grenzen auf. Besonders hart wird die Coronakrise die ärmsten Menschen im Globalen Süden treffen. Hier sind reiche Länder wie Deutschland und die EU jetzt in der Pflicht, zu helfen. Mit einem umfassenden Schuldenerlass und zusätzlicher Unterstützung für den Gesundheitssektor müssen wir den Ländern des Globalen Südens kurzfristig unter die Arme greifen. Für einen Weg aus der Krise im Globalen Süden braucht es dann ein massives globales Hilfspaket. Das bedeutet auch für Deutschland eine deutliche Aufstockung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit. Dabei muss der Schwerpunkt darauf liegen, die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaften langfristig zu stärken – gegen Pandemien genauso wie gegen die Folgen der Klimakrise. Das Pariser Klimaabkommen und die Sustainable Development Goals müssen die Leitlinien für diese mittel- und langfristigen Hilfen bilden. Massive Investitionen in Energieeffizienz, Erneuerbare Energien und Dekarbonisierung sind eines der besten Mittel, um neue Entwicklungschancen zu schaffen und den Ausbau einer zukunftsfähigen und resilienten Wirtschaft auch im Globalen Süden zu befördern.

Der wichtigste Schritt dahin: Ein Energiemarktdesign aus einem Guss!

Alle Investitionsprogramme bleiben potenziell ein Strohfeuer, wenn der solide, regulatorische Rahmen fehlt. Investitionen in die Infrastruktur sind nur ein Teil der Gleichung. Ein wesentliches Element hierfür im Energiebereich betrifft das Energiemarktdesign: wir brauchen ein partizipatives Marktdesign, das den Betrieb der Infrastrukturen koordiniert und nachhaltige Investitionen, auch bei Erzeugung und Verbrauch, ermöglicht. Hierzu brauchen wir ein belastbares Konzept für die nächste Legislaturperiode: 

  • EEG-Novelle mit Ambition: Statt kleiner Änderungen brauchen wir einen starken Schub, um den Ausbau von Wind- und Solarenergie zu beschleunigen, die Sektorenkopplung zu starten und zu einer bürgernahen, partizipativen Energiewende zu gelangen. Ein wichtiges Element ist dabei ein planbar steigender, alle Sektoren jeweils hinreichend erfassender, CO2-Preis, sowohl im europäischen als auch im nationalen Bepreisungssystem ab 2021. Ein steigender  CO2-Preis setzt viele richtige Signale, belastet aber die Menschen auch. Er muss daher sozial verträglich mit einer Rückzahlprämie für Alle ausgestattet sein sowie der Möglichkeit zur Selbstdekarbonisierung und einem einforderbaren Recht auf saubere Energie begleitet werden – durch einfachere Anforderungen für Aufdach-PV, Mieterstrom, Recht auf grüne Wärme uvm.
  • Umschwenken auf partizipatives Marktdesign, Solidarität stärken. Wir wollen die in der Krise gelebte Solidarität mit einer Energiewende „von allen für alle“ institutionalisieren und auf ein neues Niveau heben. Nur ein sehr partizipatives System kann der Größe der Aufgabe, ihrer Dringlichkeit und dem Anspruch auf demokratische Teilhabe an der Transformation gerecht werden. Damit setzen wir die private Innovationskraft frei und nutzen gleichzeitig die günstigen Kapitalkosten der Privathaushalte. Die Leitlinien unseres intelligenten Marktdesigns sind: 

    Alle können, alle sollen mitmachen – ob mit solidarischer (Über-)Selbstversorgung, Bürgerenergie, Balkonkraftwerk oder einem einforderbarem Recht auf grüne Energie. 

    Planungssicherheit, bzw. einen belastbaren Investitions-/Refinanzierungsrahmen für Erneuerbare und Systemintegrations-Technologien. Dazu gehört eine Grundvergütung für den systemdienlichen Einsatz der Anlagen und die Möglichkeit einer sektorenübergreifenden Energieverwertung ohne Verzerrung durch fehlleitende Steuern, Abgaben und Umlagen.

    Die bestmögliche Kombination von Flexibilitäten in Raum (Netze) und Zeit  (Sektorenkopplung, aktivem bzw. “passiven” Speichern) für ein funktionierendes, vernetzt-zelluläres System (vom Kleinst-Quartier bis hin zum ganzen Stadtteil oder zum Einzugsgebiet eines Netzknotens, inkl. Mobilität und Wärme). Dabei gilt grundsätzlich: so dezentral wie möglich und so zentral wie nötig.

    Digitale Echtzeit-Herkunftsnachweise für alle Energieträger und Verursachergerechtigkeit bei den Kosten, u.a. durch eine verursachergerechte Bepreisung von Transportstrecke und -zeitpunkt. 
     
  • Europa stärken: Die Corona-, wie die Klimakrise können wir aber nur gesamteuropäisch lösen. Deshalb müssen alle Maßnahmen, insbesondere der schnelle Ausbau von Wind- und Solarenergie auf dem ganzen Kontinent umgesetzt werden. Dabei müssen wir sicherstellen, dass der Umbau nicht an den durch die Coronakrise angeschlagenen Finanzen scheitert – von Staaten wie von Privatunternehmen. Neue solidarische Finanzinstrumente, wie Coronabonds, und ein stärkeres Engagement der Europäischen Investitionsbank (z.B. Vollfinanzierung bestimmter erneuerbare Energien-, Effizienz, und Mobilitätskonzepte), könnten hierzu hervorragend genutzt werden. 

Wann, wenn nicht jetzt – wer, wenn nicht wir! 

Es zeichnet sich immer klarer ab, dass Covid19 und die aktuelle Pandemie unsere Welt für immer verändern wird. Gleichzeitig ist aber noch vollkommen offen, wie diese Veränderungen aussehen werden. Im schlimmsten Fall werden Autokraten gestärkt und unsere Lebensgrundlagen noch schneller zerstört. Im besten Fall aber ist diese Krise ein Sprungbrett hin zu einer gerechteren Welt mit einem lebenswerten Klima für alle. Es ist an uns allen, genau jetzt entschlossen und beherzt zu handeln. Uns Bündnisgrünen kommt dabei eine besondere Verantwortung zu, für einen ökologischen und sozialen Weg einzustehen und gesellschaftliche Mehrheiten dafür zu finden. Wann, wenn nicht jetzt. Wer, wenn nicht wir! 

Dieses Papier wurde im Bundesarbeitskreis von Bündnis 90/Die Grünen am 19.4.20 erstellt.

Kategorie

Energie und Klima | Gesundheit

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