Bündnis 90/Die Grünen

im Landkreis Ebersberg

Wie können wir Pflege und Gesundheit in Ebersberg zukunftssicher gestalten?

Im Speisesaal der Kreisklinik präsentierten die Landtagsgrünen in Zusammenarbeit mit dem Kreisverband Ebersberg eine Demografie-Studie zur Gesundheits- und Pflegeversorgung für den Landkreis Ebersberg und diskutierten sie mit hochrangigen Experten und

09.07.12 –

Nach der Begrüßung durch Bezirksrätin Waltraud Gruber und der regionalen Abgeordneten Susanna Tausendfreund stellte Prof. Dr. Lothar Koppers, Leiter des Instituts für Angewandte Geoinformatik und Raumanalysen e.V. (AGIRA), die Demografiestudie vor. Die Studie wurde für ganz Bayern erhoben, ein Referenzgebiet war dabei der Landkreis Ebersberg. Untersucht wurden die spezifischen Auswirkungen für den Pflege- und Gesundheitsbereich bis 2030.

Die Bevölkerung im Landkreis Ebersberg wird bis dahin um fast 10% ansteigen und rund 140.000 BewohnerInnen umfassen. Ebersberg zählt zu den neun bayerischen Kreisen, deren Bevölkerungszahl stark steigen wird. Die  65-jährigen und älteren werden bis 2029 um fast 40% zunehmen. In Kommunen wie etwa der Landkreis Hof, die jetzt schon mit dieser "Alterung" der Bevölkerung konfrontiert sind, entspannt sich die Situation bis zum Ende des Betrachtungszeitraum. Der "Zuzugs-Landkreis" Ebersberg dagegen wird in 15 bis 20 Jahren massive Probleme bekommen, wenn bis dahin nicht Strukturen im Pflege- und Gesundheitsbereich aufgebaut sind.

Die anschließende Podiumsdiskussion wurde von Theresa Schopper, der gesundheitspolitischen Sprecherin der Grünen im Landtag moderiert. Mit Ludwig Mittermeier, dem Kreisgeschäftsführer des Caritaszentrums für den Kreis Ebersberg sowie dem Geschäftsführer der Kreisklinik Ebersberg gGmbH, Stefan Huber, waren zwei kenntnisreiche und praxiserfahrene Fachleute aus der Region auf dem Podium.

Weniger - älter - bunter

"Weniger Pflegekräfte, älter werdende Menschen, buntere Lebensentwürfe", so beschrieb Ludwig Mittermeier die zu erwartende Entwicklung. Er ging dabei besonders auf die Nachfrage im Bereich der ambulanten Pflege ein. Er erläuterte die Schwierigkeiten der ambulanten Palliativversorgung, deren Finanzierung nicht gesichert sei. Neben der generell schwierigen Finanzierung, die nicht alleine den Trägern der Pflegeeinrichtungen aufgebürdet werden könne, bemängelte Mittermeier besonders die aufwändige Bürokratie, die durch die Aufsichtsbehörden gefordert wird. Mit dem detailgenauen Ausfüllen von Formularen, in denen jede Maßnahme einzeln beschrieben werden müsse, werde viel Aufwand und Zeit vergeudet. Zeit, die bei der Pflege abgehe.

15% Bürokratie ist zu viel!

So das Fazit von Theresa Schopper. Sie regt eine Ergebnispflege an, statt der derzeitigen Pflegedokumentation.

Laut Mittermeier gibt es schon heute zu wenig Pflegekräfte. Gründe sind schwierige Arbeitsbedingungen, geringes Gehalt und eine teure, langwierige Ausbildung. Menschen, die sich für einen Pflegeberuf umschulen lassen wollen, bekommen kein Geld in der Ausbildung, ein Schulgeld kommt noch dazu. Das können und wollen sich nur ganz wenige Menschen leisten. Die vielen Appelle, hier endlich gegenzusteuern, werden nicht gehört, so der Kreisgeschäftsführer der Caritas.

"Die Hütte brennt im Bereich der Pflege"

Auch Stefan Huber verweist auf ein großes Problem beim Personalbedarf in der Pflege. Er dringt darauf, auch Helfer für die Krankenpflege auszubilden und beispielsweise durch einen Bachelor-Studiengang in der Medizin einen Engpass zu vermeiden. Auf alle Fälle müsse laut Huber viel mehr Geld in die Ausbildung gesteckt werden: Die Anzahl der staatlichen Schulen sei zu gering, ein zu entrichtendes Schulgeld wirke kontraproduktiv. Die Kreisklinik beispielsweise versuche, Krankenpflegepersonal zu halten, indem sie den dort ausgebildeten Berufsabsolventen Prämien zahle.

Stefan Huber sieht einen steigenden Bedarf im niedergelassen Bereich, mit dem er eine Vernetzung anstrebe. Während die stationäre Palliativmedizin in der Kreisklinik hervorragend arbeite, fehle leider eine ambulante Versorgung im Landkreis.

Laut Huber wird auch viel zu wenig in die Prävention investiert. 8 % weniger Demenzkranke könnten dabei leicht erreicht werden. Das ist ein menschlicher Gewinn, aber auch ein immenser volkswirtschaftlicher Vorteil. Ohne Präventionsmaßnahmen werden jedes Jahr "Milliarden zum Fenster rausgeschmissen". Huber ist der Meinung, dass die finanziellen Ressourcen vorhanden sind, der Einsatz der Gelder aber fehlgesteuert sei. Deshalb sein Resümee:

"Den einen oder anderen Computertomographen weniger - dafür mehr Geld für das Pflegepersonal."

In der regen Diskussion, die von viel Fachwissen und praktischer Erfahrung geprägt war, wurden die Rationalisierungsmaßnahmen im Pflegebereich angeprangert. "Es war nie so schlimm" - die Pfleger seien total überbelastet, das "Burn-out" bei Pflegern habe stark zugenommen. Der Pflegeschlüssel gehöre unbedingt den tatsächlichen Bedürfnissen angepasst.

Theresa Schopper verwies darauf, dass es die Aufgabe der Politik sei, den demografischen Wandel aktiv zu gestalten. "Politisch müssen wir jetzt Maßnahmen anstoßen und den demographischen Wandel im Gesundheits- und Pflegebereich aktiv gestalten - auch bei der ärztlichen Versorgung". Die Anregungen aus der Diskussion nehme sie gerne auf, um sie in die politischen Diskussionen einzubringen. Wunder könne sie dabei allerdings nicht versprechen: Zum einen sind die Grünen nicht an der Regierung beteiligt, zum anderen ist es sehr schwer, die bestehenden Strukturen mit allen Beteiligten zusammen zu ändern. "Eine Aufgabe, die uns noch lange beschäftigen wird", so Schopper.

Waltraud Gruber, Bezirksrätin und Fraktionssprecherin der Kreistagsgrünen, veran-schaulichte die ganze Situation mit einem Beispiel:

"Wenn wir heute eine Schule bauen, dann soll sie so geplant werden, dass die Räume später auch als Pflegeeinrichtung umgenützt werden können."

 

Zur Studie kommen Sie hier.

Kategorie

Gesundheit | Soziales

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