Bündnis 90/Die Grünen

im Landkreis Ebersberg

Fachgespräch in Traunreut

Über die Zukunft der Werkstätten

Die Chiemgau-Lebenshilfe-Werkstätten veranstalteten ein Fachgespräch über die Zukunft der Werkstätten für Menschen mit Behinderung, an dem auch Bezirksrätin Ottilie Eberl teilnahm.

05.08.22 –

Die Chiemgau-Lebenshilfe-Werkstätten haben mich am 27.7.22 zu einem Fachgespräch über die Zukunft der Werkstätten eingeladen.

Nach einer ausführlichen Besichtigung der verschiedenen Werkstattbereiche gab es ein Gespräch mit Politiker*innen, Menschen mit Behinderung, Angehörigenvertretern, Geschäftsführung und pädagogischer Leitung.

Problematisch wurde von den meisten Diskussionsteilnehmer*innen die Forderung der grünen Europaabgeordneten Katrin Langensiepen, nach dem Auslaufen der Werkstätten gesehen.

Im Gespräch konnte ich die verschiedenen Unterstützungsbedarfe der sehr unterschiedlichen Behinderungen klarstellen.

Für Menschen mit körperlichen Einschränkungen gibt es auf dem ersten Arbeitsmarkt immer noch zu wenige inklusive, barrierefreie Arbeitsplätze.

In den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) finden überwiegend Menschen mit kognitiven Einschränkungen, mit psychischen Erkrankungen oder mit Schädel-Hirn-Traumas Arbeitsplätze. Die Werkstätten sind Rehaeinrichtungen im Rahmen der Eingliederungshilfe. Dies bedeutet Unterstützung und Förderung im Arbeitsleben.

Ein Arbeitsplatz in der WfbM kann nicht gleichgesetzt werden mit einem Arbeitsplatz am 1. Arbeitsmarkt. Die Beschäftigten in den WfbMs haben keinen Arbeitsdruck, keinen Zeitdruck, können sich in Ruheräume zurückziehen und werden nach ihren Neigungen und Talenten eingesetzt.
Sie haben während der Arbeitszeit Angebote im kreativen, sportlichen, entspannenden Bereich.
Es besteht die Wahlmöglichkeit, den 1. Arbeitsmarkt auszuprobieren durch Außenarbeitsplätze oder durch den Wechsel in Inklusionsbetriebe.

Die Beschäftigten der Chiemgau-Lebenshilfe-Werkstätten berichteten alle, dass sie gerne dort arbeiten und froh sind, nicht dem Leistungsdruck in normalen Betrieben ausgesetzt zu sein. Sie sind sehr stolz auf ihre Arbeitsleistungen.

Ich schätze die Werkstätten mit ihren vielen Möglichkeiten sehr.

Ich möchte diese Möglichkeiten erhalten und ausbauen, indem sich die Werkstätten öffnen und inklusiver werden. Auch dort sollen Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf gleichberechtigt miteinander arbeiten können, jeder Mensch nach seinen individuellen Möglichkeiten.

Alle müssen eine Wahlmöglichkeit haben, ob sie unterstützt und begleitet auf dem 1. Arbeitsmarkt arbeiten möchten oder in Werkstätten für Menschen mit Behinderung ohne Leistungsdruck und mit differenzierter Unterstützung ihre Möglichkeiten und Talente weiterentwickeln.

Zur Unterstützung dieser Wahlmöglichkeiten braucht es dringend dauerhafte Begleitung bei den Übergängen durch Jobcoaches.

Die UN-Behindertenrechtskonvention verlangt den gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung. Deutschland steht seit Jahren in der Kritik für die geringe Anzahl an inklusiven Arbeitsplätzen. Eine gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsleben für alle Menschen ist eine wichtige Voraussetzung für eine vielfältige, inklusive Gesellschaft.

Die Forderung nach dem Mindestlohn ist eher nachteilig für die Beschäftigten, weil dadurch viele Sozialleistungen wie Grundsicherung wegfallen. Die finanziellen Mittel dazu müssten die Werkstätten aus staatlichen Quellen erhalten, weil diese Löhne nicht durch die Arbeitsleistungen der Beschäftigten erwirtschaftet werden können.

Ich habe vorgeschlagen, dass auf den Gehaltsabrechnungen der Beschäftigten nicht nur der Werkstattlohn aufgeführt ist, sondern auch alle anderen Leistungen, die sie erhalten, wie z.B. die Übernahme der Kosten für Unterkunft, der Betreuung, der Fahrten, der Verpflegung, usw.
Es macht vor allem in den Presseartikeln und Aussagen von Kritikern der Werkstätten den Eindruck, dass vom Werkstattlohn der ganze Lebensunterhalt bezahlt werden muss.

Insgesamt war dieses Fachgespräch ein wichtiger Beitrag zum gegenseitigen Verständnis und zu Erkenntnissen aus der Praxis.

von: Ottilie Eberl

 

Kategorie

Inklusion

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