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Ortsumfahrungen Parsdorf/Weißenfeld

Nur Nachteile für Gemeinde und Bevölkerung

Wir dürfen nicht stur an Projekten der Vergangenheit festhalten, die die Realität längst überholt hat. Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten.

28.07.20 –

Wie die Entwicklungen der letzten zwei Wochen (Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern zu den Umfahrungen Weißenfeld und Parsdorf, neue Schätzungen der Autobahndirektion zur Verkehrszunahme am Autobahnkreuz München Ost bis 2030 und neue Pläne für eine „elegante Autobahnanbindung von Vaterstetten an die A94“ sowie Planungen für den Umbau des Ostkreuzes) zeigen, verändert sich die Verkehrssituation in Vaterstetten, Parsdorf und Weißenfeld in der Zukunft deutlich – und anders als geplant und vorausgesagt. Der Verkehr aus dem Osten wird um 35% zunehmen.

Was den Haushalt der Gemeindekasse angeht, sind Corona-bedingt auch größere Veränderungen zu befürchten. Leider kann niemand für die Jahre 2021 und danach sagen, wie groß die Einbußen an Gewerbesteuer und Einkommenssteuer sein werden. Mehr Geld wird es aber nicht, sondern weniger.

Nimmt man beide Entwicklungen zusammen, finden wir Grüne in Vaterstetten es unverantwortlich, den Bau der Umfahrung Parsdorf (und nur um den geht es, die Umfahrung Weißenfeld wird mangels Geld wohl in 10 Jahren noch nicht in Arbeit sein) jetzt voranzutreiben. Dafür gibt es viele gute Gründe:

  • Der Bau der Umfahrung Parsdorf wird ohne die Umfahrung Weißenfeld die Verkehrsmenge für Weißenfeld drastisch erhöhen, weil der erhöhte Autobahnverkehr in Stau- und Bauzeiten dort ab- und durchfließt. Dabei leidet Weißenfeld schon jetzt extrem unter durchfließendem Verkehr.
  • Die Streckenführung der Umfahrung Pardorf quer über die Felder mit vier Kreiseln und einer Ampel verlängert Strecke und Fahrzeit für alle Verkehrsteilnehmer, die von Weißenfeld nach Parsdorf und dort zum Beispiel zum OBI oder ALDI fahren. Alle Ortskundigen werden die Umfahrung daher „links liegen lassen.“ Die Entlastung für Parsdorf fällt viel geringer aus als erwartet.
  • Die Gemeinde kostet allein die Umfahrung Parsdorf mindestens 10 Mio. € (zusätzlich zum Zuschuss des Investors, wenn die Straßen bis Ende 2023 fertig gebaut ist), die die Gemeinde viel dringender in Schulerweiterungen stecken muss (weil die Zahl der schulpflichtigen Kinder stark zunimmt). Angesichts der Corona-Unsicherheiten ist es verantwortungslos, das Geld in einer Straße zu versenken, die nur zusätzlichen Autobahnverkehr auf Gemeindegebiet durchleitet.
  • Die Umweltbelastung durch die Umfahrung ist enorm. Sie führt nicht nur zu einer Betonierung der Landschaft, sondern sorgt damit auch für deutlich mehr Verkehrslärm für die Parsdorfer, mehr Luftverschmutzung (der Wind kommt meistens aus Westen) und mehr Mikroplastik (Reifenabrieb!) auf unseren Äckern.
  • Die jahrelangen Großbaustellen auf der A99 (Ausbau zu einer achtspurigen Autobahn von Putzbrunn bis Kirchheim) und der A94 vor dem Ostkreuz werden zu massiven Staus und Ausweichverkehr führen, der neue Umfahrungen sofort dankend auslastet.
  • Alle Verkehrsschätzungen prognostizieren eine deutlich erhöhte Verkehrsbelastung für Vaterstetten/Baldham, wenn die Umfahrung gebaut wird. Der zusätzliche Verkehr betrifft damit weit mehr Bürger als nur die Bewohner von Parsdorf und Weißenfeld (die natürlich auch!).

Aus unserer Sicht wird es Zeit, dass alle Fraktionen im Gemeinderat, die sich für die Umfahrung ausgesprochen haben (FDP, SPD und CSU), die Lage neu bewerten. Durch die neuen Verkehrsprognosen und Planungen der Autobahndirektion ist klar, dass neue Straßen um Parsdorf und Weißenfeld herum nur zu noch mehr Verkehr führen und keine Entlastung bringen, weder an Lärm, Luftverschmutzung und schon gar nicht für den Gemeindehaushalt.

„Wir Grünen im Kreistag sprechen uns massiv gegen die geplante Umfahrung aus und fordern, dass der Kreistag die Unterstützung für dieses Straßenbauvorhaben der Gemeinde Vaterstetten aufgibt. Landrat Niedergesäß hat durch seinen Einsatz zur Rettung einer 300jährigen Eiche bei Grafing gezeigt, dass es auch ihm wichtig ist, die Natur und das Klima im Landkreis zu schützen und unverzeihliche Versiegelungsmaßnahmen zu verhindern. Wir fordern, dass der Landrat seinen Einfluss in gleicher Weise geltend macht, um die Planung dieses massiven Landschaftsverbrauches durch den Bau einer unnötigen Umgehungsstraße zu verhindern und so die Umwelt in unserer Heimat zu bewahren“, so Kreisrat Johannes von der Forst.

Neu-Gemeinderat David Göhler findet, dass „das sture Festhalten an einem durchaus ehrenhaften Versprechen, eine Umgehung zu bauen, angesichts der neuen Fakten- und Haushaltslage einfach unsinnig ist. Politiker müssen sich veränderten Realitäten stellen und im besten Sinne für die Bürger handeln. Dazu gehört auch eine Neubewertung der Verkehrsentwicklungen im Münchener Osten. Das müssen wir jetzt tun.“

Fraktionssprecherin Katrin Pumm, die am westlichen Ortsrand von Parsdorf wohnt, meint: „Wenn die neue Umgehung und die neuen Hochständer-Autobahn-Fahrbahnen am Ostkreuz gebaut sind, werden alle Parsdorfer an Verkehrslärm und Luftverschmutzung ersticken und sich die Zeiten vor den Umbaumaßnahmen zurückwünschen, als die Autobahn A94 noch tiefergelegt an Parsdorf vorbeigeführt wurde.“

Haushaltsexperte und Fraktionssprecher Axel Weingärtner kann aus haushaltspolitischen Erwägungen nur sagen, dass „wir uns zum aktuellen Zeitpunkt die Umfahrung überhaupt nicht leisten können – auch nicht mit dem Zuschuss des Investors für das Gewerbegebiet Parsdorf 2. Statt das Geld in Straßen zu versenken, sollten wir es in wirklich wichtige Dinge wie Sanierung und Ausbau von Schulen und Kinderbetreuung sowie alternative Mobilität (wie Fahrradwege und besseren ÖPNV) stecken.“

Der Landtagsabgeordnete Florian Siekmann stellt grundsätzlich fest: „Wir dürfen nicht stur an Projekten der Vergangenheit festhalten, die die Realität längst überholt hat. Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten. Statt mit dem Kopf durch die Wand ist ein Schritt zurück und eine Neubewertung der Situation angebracht. Ich setzte mich im Landtag für eine starke finanzielle Unterstützung der Gemeinden in dieser schwierigen Zeit ein. Es gehört aber auch dazu, dass jede Gemeinde kostspielige Projekte auf den Prüfstand stellt und wirklichen Zukunftsinvestitionen den Vorrang gibt.“

Katrin Pumm
Fraktionssprecherin Bündnis 90 / DIE GRÜNEN, Vaterstetten

Axel Weingärtner
Fraktionssprecher Bündnis 90 / DIE GRÜNEN, Vaterstetten

Johannes von der Forst
Kreisrat Bündnis 90 / DIE GRÜNEN, Kreistag Ebersberg

Florian Siekmann,
Europapolitischer Sprecher Bündnis 90 / DIE GRÜNEN, Mitglied des Bayerischen Landestages

Kategorie

Mobilität

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