Bündnis 90/Die Grünen

im Landkreis Ebersberg

Realistische Planung bei den Schulneubauten

Grüne Kreistagsfraktion Ebersberg rechnet vor

Sie unterstützt die drei Schulneubauten ausdrücklich, fordert aber eine ehrliche Darstellung der Möglichkeiten. Hoher Schuldenstand, fehlende Finanzierung und Belastung der Gemeinden machen eine Priorisierung dringend erforderlich.

20.06.23 –

Die Kreistagsfraktion rechnet

Die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen unterstützt ausdrücklich die Bemühungen um die drei notwendigen Schulneubauten im Landkreis Ebersberg. Aber sie sieht in den aktuellen Diskussionen den dringenden Bedarf nach einer ehrlichen Darstellung der Möglichkeiten des Landkreises Ebersberg. 

  • Der aktuelle Schuldenstand des Landkreises Ebersberg liegt deutlich über dem Durchschnitt der oberbayerischen Landkreise. Er wird sich wegen der laufenden Investitionen (also noch ohne die Schulneubauten) noch weiter erhöhen.
     
  • Die Investitionen für die drei anstehenden Schulneubauten bzw. Erweiterungen (Gymnasium Kirchseeon, Gymnasium Poing, Berufsschule Grafing) in Höhe von ca. 250 Mio € können realistisch gesehen nicht finanziert werden, wenn sie in den nächsten 10 Jahren gleichzeitig umgesetzt werden sollten.
     
  • Die enormen Investitionen für die geplanten Schulneubauten lassen sich nur über eine deutliche Erhöhung der Kreisumlage* finanzieren. Eine Kreisumlage* in der benötigten Höhe führt jedoch zu einer massiven Belastung der Städte und Gemeinden.
     
  • Die Kreispolitik kommt um eine klare, öffentliche Priorisierung der drei Schulbauten nicht mehr herum. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag stellt sich dieser Notwendigkeit und macht einen Vorschlag.
* ­­­Die Kreisumlage ist eine von den kreisangehörigen Gemeinden an den Landkreis zu zahlende Umlage zur Finanzierung der vom Landkreis erbrachten öffentlichen Leistungen. Die Kreisumlage wird u.a. deshalb erhoben, weil Landkreise i.d.R. keine nennenswerten eigenen Steuereinnahmen erzielen, aber den Gemeinden übergeordnete Aufgaben abnehmen (z.B. weiterführende Schulen).

 

  1. Der aktuelle Schuldenstand ist jetzt schon hoch:

    Zum 31.12.2021 hatte der Landkreis Ebersberg einen Schuldenstand von 32,8 Mio € aus langfristigen Investitionskrediten; zusammen mit dem bis Ende 2025 zurückzuzahlenden Kassenkredit von 23,5 Mio € ergab sich eine Verschuldung von 389 € pro Einwohner1.

    Zum Vergleich: der Durchschnitt der oberbayerischen Landkreise lag bei 217 €2 . Ebersberg lag also zu Jahresbeginn 2023 schon 80 % über dem Oberbayern-Schnitt.

  2. Der Schuldenstand wird sich absehbar nachdrücklich erhöhen:

    Die laufenden Investitionen – also bereits beschlossen und in der Umsetzung – betragen bis Ende 2025 laut Plan 73 Mio €. Im Haushalt 2023 wird deshalb für den 31.12.2025 ein Stand der Investitionskredite von 83,7 Mio € prognostiziert3 ; also OHNE die drei neuen Schulprojekte, die sich noch auf der Warteliste befinden. Damit wird die Pro-Kopf-Verschuldung des Landkreises auf 573 € ansteigen, selbst wenn der Kassenkredit von 23,5 Mio € bis dahin komplett getilgt wäre.

    Dieser Anstieg wird eine MEHR-Belastung gegenüber 2023 durch Zins und Tilgung von ca. 2,45 Mio € pro Jahr nach sich ziehen4 . Nach aktuellem Stand sind das etwa 1,2 Punkte Kreisumlage*.

    Wir erinnern hier an die intensiven Debatten wegen der Erhöhung der Kreisumlage* für den Haushalt 2023. Die finanzielle Lage vieler Kommunen ist ausgesprochen angespannt; jede Erhöhung wird von ihnen sehr kritisch gesehen. In einigen Gemeinden würden dringend notwendige Investitionen in Klimaschutz, Ganztagesbetreuung und Freizeiteinrichtungen stark gefährdet.
     
  3. Die Kosten für die geplanten Schulneubauten kämen noch dazu:

    Für die im Masterplan Schulen vorgesehenen Neubauten bzw. Erweiterungen sind bisher folgende Beträge bekannt:

    a) Erweiterung Gymnasium Kirchseeon 23 Mio €5 (laut Machbarkeitsstudie, ohne Risiko-Zuschlag)

    b) Neubau Gymnasium Poing 110 Mio €6 (laut Machbarkeitsstudie) plus Ausstattung (lt. Warteliste vom Okt. 2022) 7 Mio €7

    c) Neubau Berufsschule Grafing Bahnhof 107 Mio €8 (laut Warteliste vom Oktober 2022) plus Ausstattung (lt. Warteliste) 5 Mio €9

    Summe 252 Mio €
     
  4. Eine optimistische Belastungsrechnung ergibt folgendes Bild: 

    Durch die in der AG Schulneubauten diskutierten neuen Ausschreibungsformate und einfachere Bauweise, deren Umsetzungsmöglichkeiten noch geprüft werden, könnten bei optimistischer Betrachtung 25 % der bisher berechneten Baukosten eingespart werden. Dies könnte die Kosten auf ca. 190 Mio € reduzieren. Bei Zuschüssen von etwa 30 % für die Schulbauten blieben dem Landkreis noch ca. 130 Mio € zu finanzieren über die Erhöhung der Kreisumlage* und Kredite. Wenn davon 100 Mio € aufgenommen werden müssten (über die schon bestehenden Kredite hinaus), wäre eine Verschuldung von über 150 Mio € erreicht, mithin eine Pro-Kopf-Verschuldung von über 1.000 € (Durchschnitt Oberbayern 2021/22: 217 €).

    Tilgung und Zins für diese 100 Mio € Schulden würden eine ZUSÄTZLICHE Belastung von 7 Mio € pro Jahr in der Finanzrechnung für den Landkreis bedeuten10. Nach heutigem Stand 3,5 Punkte Kreisumlage*11. Pro Jahr.

    Wenn wir den Beträgen aus den Machbarkeitsstudien – also den bisher vorliegenden Prognosen der Fachleute - folgen, ergibt sich eine MEHR-Belastung von ca. 10 Mio € pro Jahr. Plus 4,5 Punkte Kreisumlage*. Pro Jahr.

    Beide Szenarien würden Landkreis und Gemeinden komplett überfordern.
     
  5. Diese Mehrbelastung lässt andere, dringend notwendige Investitionen außer acht:

    Die o.g. Zahlen ergeben sich nur, wenn sämtliche anderen wichtigen Investitionen auf Jahre hinaus auf der Warteliste verbleiben, wie Klinik-Ausbau, Ausbildungszentrum für die Feuerwehr, die Turnhallen in Grafing und Vaterstetten und die Sanierung des Gymnasiums Markt Schwaben. Außerdem sind bisher noch keine Investitionen angesetzt für Klimaschutz, Klimafolgen und die dringend notwendige Energiewende.

    Es ist unrealistisch anzunehmen, dass diese Investitionen über viele Jahre zurückgestellt werden können.
     
  6. Die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert eine ehrliche Politik ein:

    Der Landkreis wird die Umsetzung der gewünschten Investitionen nur stemmen können, wenn sie über einen Zeitraum von über 10 Jahren gestreckt werden. Es ist an der Zeit, dies den Bürgerinnen und Bürgern ehrlich zu sagen. Es muss Schluss sein mit uneinlösbaren Versprechungen und hinhaltenden Reden.

    Die Kreistagsfraktion der GRÜNEN steht zu den im Masterplan Schulen gefassten Zielen und schlägt eine Priorisierung der Schulneubauten in folgender Reihenfolge vor:

    a) Priorität 1: Erweiterung Gymnasium Kirchseeon
    Dieses Gymnasium wurde unter der Voraussetzung von G8 gebaut. Die Umstellung auf G9 erzwingt eine rasche Lösung.

    b) Priorität 2: Gymnasium Poing
    Der festgestellte Bedarf von ca. 1.000 Schülerinnen und Schülern betrifft hauptsächlich den Landkreis Ebersberg selbst. Poing ist eine rasch wachsende Gemeinde mit absehbarem Bedarf an Gymnasiumsplätzen.

    c) Priorität 3: Berufsschule Grafing:
    Diese Schule wird von den genannten Schulen die geringste Zahl an Schülerinnen und Schüler aus dem Landkreis betreffen. Wir benötigen eine aktualisierte Bedarfsanalyse durch das Kultusministerium angesichts der teilweise stark zurückgehenden Zahlen der Auszubildenden. Zudem fehlt bisher eine belastbare Prognose aus dem Landratsamt über die mögliche teilweise Refinanzierung über Gastschulbeiträge.
     

Stellungnahme Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag Ebersberg Juni 2023


1 Vorbericht Haushalt 2022, Seite 28 und Vorbericht Haushalt 2023, Seite 22. Stand 144.000 Einwohner*innen.
2 Vorbericht Haushalt 2023, Seite 23
3 Vorbericht Haushalt 2023, Seite 29
4 Vorbericht Haushalt 2023, Seite 30
5 Sitzungsvorlage LSV vom 08.12.2022, TOP 6, Seite 10
6 Sitzungsvorlage LSV vom 28.09.2022, TOP 4, Seite 6
7 Sitzungsvorlage Kreistag vom 24.10.2022, TOP 10, Seite 10
8 Wie Anm. 6
9 Wie Anm. 6
10 Bei der Annahme von 2% Zins; die Belastung in Euro sinkt mit fortschreitender Tilgung.
11 Ein Punkt Kreisumlage entspricht für 2023 dem Betrag von 2.109.453,35 € (Vorbericht HH 2023, Seite 21)

 

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