20.07.25 –
Rund 30 interessierte Bürgerinnen und Bürger kamen am vergangenen Montagabend in den Bürgersaal „Unterm First“, um mit den beiden Fraktionssprechern Jürgen Friedrichs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Christoph Münch (SPD) über die Zukunft der Mobilität in der Kreisstadt zu diskutieren. Im Mittelpunkt stand das Integrierte Mobilitätskonzept (IMK), das der Stadtrat im November 2024 beschlossen hat – ein umfassendes Planungsinstrument, das neue Wege aufzeigt, wie sich die Mobilität in Ebersberg nachhaltiger, gerechter und effizienter gestalten lässt.
Die beiden Fraktionssprecher stellten das Konzept gemeinsam vor und gaben Einblicke in seine Entstehung, Zielsetzung und Bedeutung für die Stadt. Nach einem Einstieg mit Präsentation wurden zentrale Inhalte gemeinsam mit dem Publikum vertieft – unter anderem mithilfe des offiziellen Maßnahmenkatalogs. Der Abend war bewusst als Dialog angelegt und entwickelte sich rasch zu einem lebendigen Austausch zwischen Politik und Bürgerschaft.
Das IMK basiert auf einer umfassenden Analyse der heutigen Mobilität in Ebersberg. Ein zentrales Ergebnis: Die Stadt hat einen vergleichsweise hohen Anteil an Fuß- und Radverkehr – bei gleichzeitig schlechter Infrastruktur und geringer Zufriedenheit. Das unterstreicht die Potenziale, die in einer verbesserten Gestaltung liegen. Gleichzeitig zeigt die Analyse, dass viele PKW-Fahrten im Stadtgebiet auf sehr kurze Strecken entfallen – ein großer Teil unter 3 Kilometern. Genau hier setzt das IMK mit seinen Strategien an: Es zielt auf ein Verkehrssystem, das emissionsärmer, sicherer und gerechter wird – und das alle Verkehrsträger berücksichtigt.
Im Zentrum steht das sogenannte ASI-Prinzip: Avoid (Vermeiden unnötiger Wege), Shift (Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel) und Improve (Verbesserung bestehender Angebote). Das Besondere: Vom Planungsbüro wurde daraus ein integriertes 4V-Modell weiterentwickelt, das zusätzlich Aspekte wie Raumplanung, soziale Teilhabe und städtische Lebensqualität mitdenkt.
Ein breiter Beteiligungsprozess, moderiert durch das Planungsbüro, begleitete die Erarbeitung des Konzepts. Das politische Ziel war von Anfang an, alle Fraktionen, Gremien und Akteure einzubinden – ein Ansatz, der in der Präsentation ausdrücklich gewürdigt wurde. Dass am Ende dennoch einzelne Stimmen im Stadtrat gegen das IMK votierten, obwohl diese sich am Prozess beteiligt hatten, stieß bei den Vortragenden auf Unverständnis.
Aus einem allgemein gehaltenen Leitziel wurden zunächst vier Querschnittsziele abgeleitet: Umweltgerechte Mobilität, soziale Inklusion, intermodale Angebotsvielfalt und Sicherheit & Gesundheit. Daraus wiederum entstanden neun Mobilitätsstrategien und über 70 Einzelmaßnahmen, priorisiert nach Muss-, Soll- und Kann-Kategorien.
Im Anschluss an den Analyseteil wurden ausgewählte Maßnahmen vorgestellt und mit dem Publikum diskutiert. Gemeinsam präsentierten Münch und Friedrichs unter anderem die sogenannte Mussmaßnahme Landratsamtskreuzung. Ziel ist es, den innerstädtischen Lkw-Verkehr umzuleiten – weg vom Marienplatz, hin zur Landratsamtskreuzung, mit einer lichtsignalgeregelten Steuerung und Geschwindigkeitsreduktion in der Heinrich-Vogl-Straße. Zusätzliche technische Maßnahmen sollen dabei helfen, Lkw-Begegnungsverkehr zu entzerren und den innerstädtischen Verkehr insgesamt verträglicher zu gestalten.
Auch die Amtsgerichtskreuzung, derzeit noch ein klassischer Unfallschwerpunkt mit schlechten Querungsbedingungen, wurde besprochen. Ein vom Planungsbüro entwickeltes Konzept zeigt: Ein Kreisverkehr wäre hier nicht nur möglich, sondern würde auch den Fuß- und Radverkehr deutlich sicherer machen. Die Maßnahme gehört zu den Sollmaßnahmen im Katalog.
Ein zentrales Thema des Abends war auch der Umgang mit der Staatsstraße 2080 und der immer wieder geforderten Umgehungsstraße. Die Referenten stellten klar: Zwar kann eine Umgehung punktuell entlasten – sie widerspricht jedoch dem übergeordneten Ziel der Mobilitätswende. Denn längere Wegstrecken, wie sie bei Umfahrungen entstehen, führen nicht automatisch zu weniger Verkehr. Untersuchungen zeigen: Pendelverhalten orientiert sich stärker an Zeitbudgets als an Distanzen. Wer schneller fahren kann, fährt tendenziell weiter – das Verkehrsaufkommen wächst insgesamt. Das IMK setzt hier bewusst auf ein Bündel aus sogenannten Push- und Pull-Maßnahmen: Es macht den Kfz-Verkehr in der Innenstadt unattraktiver, schafft aber gleichzeitig attraktive Alternativen durch Ortsbus, Radwegenetz, Aufenthaltsqualität und Verkehrsberuhigung.
Besonders anschaulich wurde das Konzept am Beispiel Marienplatz. Geplant ist eine umfassende Umgestaltung mit Tempo-20-Zone, optischer Verkehrsberuhigung durch bauliche Maßnahmen und einem sogenannten „wirtschaftsverkehrsreduzierten Straßenraum“. Die Bahnhofstraße soll im unteren Abschnitt ebenfalls auf Tempo 20 begrenzt werden. Ziel ist es, einen Bereich zu schaffen, der von allen Verkehrsarten gleichberechtigt genutzt werden kann – ohne sie auszuschließen.
Weitere vorgestellte Maßnahmen betrafen das Fahrradstraßennetz, etwa in der Dr.-Wintrich-Straße, der Wildermuthstraße und im Bereich der Schulen. Diese sogenannten unechten Fahrradstraßen (Kfz weiter erlaubt, Radverkehr jedoch priorisiert) sollen den Verkehr optisch neu ordnen und für mehr Sicherheit sorgen. Diskussionen gab es unter anderem zur baulichen Gestaltung von Querungen und der Frage, wie „echte“ Vorrangregelungen im Radverkehr erreicht werden können.
Ein weiteres Zukunftsthema: der Ortsbus. Gerade für Bewohnerinnen und Bewohner aus weniger zentralen Lagen könnte ein gut getakteter, preislich attraktiver Ortsbus den Umstieg vom Auto erleichtern. Auch über einen zweiten S-Bahnhof im Süden wurde diskutiert – eine alte Idee, die aktuell von der Bahn wieder geprüft wird.
Am Ende wurde deutlich: Das IMK ist nicht nur ein Planungsinstrument – es ist auch eine politische Chance. Umso wichtiger sei es, dass die im Konzept formulierten Maßnahmen nicht wieder bei Einzelentscheidungen ausgehebelt werden, so der Appell an Verwaltung und Gremien. Nur wenn das IMK als Leitlinie verstanden und konsequent angewendet wird, kann die Mobilitätswende gelingen.
Die Veranstalter zeigten sich am Ende zufrieden: „Das Interesse war groß, die Diskussion lebendig – es hat sich gezeigt, dass Ebersberg bereit ist, neue Wege zu gehen“, so die Bilanz. Viele Gäste blieben auch nach dem offiziellen Teil noch zum Austausch – bei Getränken und guter Stimmung im Bürgersaal „Unterm First“.
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