Bündnis 90/Die Grünen

im Landkreis Ebersberg

Werkstattgespräch Fahrradverkehr

Ebersberg ist eine Fahrrad-Hölle

30.03.22 –

In diesem Urteil waren sich die etwa 40 Teilnehmenden des grünen Werkstattgesprächs Fahrradverkehr am vergangenen Freitag bald einig. Beispiele waren schnell ausgetauscht: die Kreuzungen vor dem Parkplatz des E-EinZ oder vor dem Amtsgericht, die Ecke Ulrich- / Eberhardstraße. Alles neuralgische Punkte, die viele Ebersberger Radler*innen auf unterschiedliche Arten bewältigen: Durch Absteigen und Schieben oder durch unerlaubtes Gehwegradeln.

Eine Stunde zuvor hatten die Diskutanten diese Orte noch selbst durchfahren, als Teilnehmende der „Critical Mass“ Ebersberg. In einem Verband von knapp 25 Radfahrer*innen durchfuhren sie die Hauptverkehrsadern in Ebersberg, waren den Autos gewachsen. „Die Critical Mass ist keine Demo, sondern Radfahrer*innen treffen sich einfach zu einer gemeinsamen Radtour durch die Stadt. Dadurch werden sie durch ihre Menge in einer Art sichtbar, wie sie es sonst nicht tun“, berichtet Jürgen Friedrichs, Kreisvorsitzender des ADFC, grüner Stadtrat und Initiator der Critical Mass. „Gemeinsam fährt man dann auf Straßen, auf die man sich allein vielleicht nicht zu fahren getraut hätte“.

Gerade diese Unsicherheit erhöht den Stress auf Radfahrende. Stress ist aber entscheidend bei der Wahl des Verkehrsmittels. Untersuchungen zeigen, dass nur ein sehr kleiner Anteil an Radfahrer*innen sich wohl dabei fühlen, gemeinsam mit den Kraftfahrzeugen auf einer gemeinsamen Fahrspur zu fahren. Die große Mehrheit von ca. 60 Prozent fährt zwar gerne Rad, aber nur stressfrei auf ruhigen Nebenstraßen und daher meist nur in der Freizeit. Laut Umfrage würden viele Radfahrer*innen auch im Alltag auf baulich vom Kraftverkehr separiert geführte Radwege fahren. Zu erkennen ist dies auch an der Vielzahl der Gehwegradler*innen in Ebersberg. „In der Radverkehrsplanung muss man das Sicherheitsempfinden dieser Mehrheit der Radfahrenden berücksichtigen. Wenn wir diese Menschen nicht überzeugen, ihr Auto für fahrradtaugliche Entfernungen stehenzulassen, wird die Verkehrswende nicht gelingen“, ist Friedrichs überzeugt. „Eine Verkehrswende weg vom motorisierten Individualverkehr hin zum Verkehrsverbund aus Fuß- und Radverkehr, sowie ÖPNV, ist aber Voraussetzung für gesunde und lebenswerte Städte“, so der ADFC Kreisvorsitzende.

Wenn Ebersbergs Fahrrad-Hölle so nah ist, was wäre dann der Himmel? Für Friedrichs zum Beispiel mit Quartieren, in denen Autos auf einzelne Einfallstraßen beschränkt bleiben und nicht im öffentlichem Raum abgestellt werden dürfen. Der Rest gehört Radfahrenden und Fußgänger*innen. Thomas von Sarnowski, bayerischer Landesvorsitzender der Bündnisgrünen und selbst aus Ebersberg, setzt auf den Koalitionsvertrag der Ampelkoalition im Bund, das trotz weniger Zeilen zum Radverkehr interessante Erweiterungen im Straßenverkehrsgesetz enthält. Es soll die absolute Vorherrschaft des Autos beenden und den Gemeinden mehr Freiheit geben, auch zur Ausweisung von Tempo-30-Zonen. Die Konzeption von Radschnellwegen in und um die Metropole habe in den Kommunen rund um München außerdem viele Energien freigesetzt. Für die Verbindung vom Ostbahnhof nach Ebersberg haben GRÜNE Engagierte letztes Jahr einen sehr konkreten Entwurf für einen sogenannten „Schnellen Radweg“ entlang der Bahnlinie vorgestellt. „Trudering plant jetzt, genauso wie Haar und Vaterstetten. Da ist viel Dynamik drin.“

In der von der dritter Bürgermeisterin und Kreisrätin Lakhena Leng geleiteten Diskussion waren dann die Teilnehmenden an der Reihe, ihre Fahrrad-Träume zu skizzieren. Stadtrat Michael Schulze-Langforth erinnerte an den Einbahnstraßenring zwischen Marienplatz, Kreisklinik und Bahnhof, der für wenige Jahre den Verkehrsfluss beruhigt und für zu Fuß gehende und Rad fahrende sicherer gemacht habe. Geschäftsleute und lokale Autofahrer-Lobby hätten dann im Einklang mit der CSU den Fortschritt wieder rückgängig gemacht, bedauerte Schulte-Langforth. Ortsvorstand Claudia Peter spann den Faden weiter. Sie träume von einem in Ortschaften grundsätzlich im Einbahn-System geführten PKW-Verkehr, sagte sie. Dann wäre auch Tempo 30 kein Problem mehr, da dieses System ohnehin keine höheren Geschwindigkeiten erlaube. Die andere Straßenseite solle für den Begegnungs-Radverkehr reserviert werden. Damit wäre der Straßenraum auch breit genug für Lastenräder. Ein solches System müsse von vielen Maßnahmen flankiert werden, hieß es in der Debatte. Dazu gehören Fahrrad-Stellplätze an Bushaltestellen oder gar Bus-Anhänger zur Mitnahme von Fahrrädern sowie mindestens in den Außenästen der S-Bahn ein Recht auf Fahrrad-Mitnahme ohne Sperrzeiten. Das habe sich beispielsweise im Berliner Nahverkehr bestens bewährt.

Von: Claudia Peter

Kategorie

Mobilität

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