Bündnis 90/Die Grünen

im Landkreis Ebersberg

Höchste Priorität für Klimaschutz

Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt

Bei einer sehr emotional geführten Debatte im Kreistag zur Ausrufung des Klimanotstandes im Landkreis Ebersberg, fand Fraktionssprecherin Waltraud Gruber sehr deutliche Worte.

29.07.19 –

Es gilt das gesprochene Wort:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wenn Sie die Augen schließen und sich den Ebersberger Forst vorstellen, dann haben Sie bestimmt ein Bild von starken Tannen, mächtigen Eichen und sattem Grün. Dass grüne Herz des Landkreises.

Wenn sie die Augen aber öffnen, dann sehen Sie ein ganz anderes Bild. Vom Borkenkäfer befallene Fichten,  Eichen und Buchen die leiden. Wir haben jetzt 18 Monate in Folge viel zu trockene und viel zu heiße Bedingungen. Und es leidet nicht nur der Wald. Die Warnsignale sind überdeutlich und es wird höchste Zeit etwas zu tun.

Genau heute ist der Erdüberlastungstag. Er gibt an, wann die Menschen theoretisch die jährlichen Ressourcen des Planeten aufgebraucht haben. 1975 lag der Tag noch Anfang Dezember, 2000 war er im Oktober und nun ist er erstmals im Juli – so früh wie nie zuvor. Die Menschheit lebt total auf Pump.

Auch in Bayern steigen die CO2-Emissionen ungebremst. Wenn wir die Ziele von Paris einhalten wollen, haben wir für Bayern gesehen noch ein Budget von 1.000 Millionen Tonnen CO2 insgesamt für immer. Jährlich emittiert Bayern aber derzeit 100 Millionen Tonnen. D.h.  10 Jahre weiter so und Bayern hat sein komplettes Budget verbraucht.

Heute geht es in diesem Tagesordnungspunkt um die Ausrufung des Klimanotstands in unserem Landkreis.

Von vielen Seiten, vor allem seitens der CSU höre ich immer wieder „Notstand“ sei die falsche Bezeichnung – wir befänden uns ja nicht in einem Notstand.

Was ist jedoch ein Notstand? In den Wörterbüchern finde ich „eine sehr schwierige Situation“, eine „Krise“ oder eine „gefährliche Situation“.

Und ich frage mich, wieso dieser Begriff nicht zutreffen sollte.

Lassen Sie mich die Situation mit den Worten des Klimaforschers Prof. Dr. Schellnhuber darstellen. Vor ein paar Wochen war ich auf einem Vortrag von ihm und er stellte einen Vergleich an. Er verglich  die Erde mit einem menschlichen Körper. „ Bei einer erhöhten Temperatur von 1,5 oder zwei Grad ist der Mensch krank. Er hat Fieber. Bei einer Temperaturerhöhung von 4 oder gar 5 Grad führt das sehr bald zu einem vollständigen Organversagen. In anderen Worten: der Mensch stirbt.“ Und genauso verhält es sich laut Schellnhuber auch mit unserem Planet Erde. Wenn die globale durchschnittliche Temperatur weiter in dem momentanen Tempo steigt, dann kollabieren weltweit hochkomplexe Ökosysteme mit fatalen Folgen für die Menschheit. Und genau diese Prognosen haben zur Folge, dass Herr Schellnhuber zu dem drastischen Schluss kommt: „wir stehen an der Schwelle der Zerstörung unserer Zivilisation. Wenn wir jetzt nicht handeln.“

Ich verstehe also nicht, warum sich jemand, der weiß, dass wir auf eine Katastrophe zusteuern, an dem Begriff Klimanotstand stößt.

Zudem kommt, dass der Begriff schon 2009 in den USA geprägt wurde und dann in den Protesten der „Fridays for Future“ aufgegriffen wurde.

Konstanz fasste im Mai 2019 als erste deutsche Stadt den einstimmigen Gemeinderatsbeschluss zur Ausrufung des Klimanotstands. Es werden alle Entscheidungen unter einen Klimavorbehalt gestellt. Der Beschluss umfasst dabei auch die Erarbeitung von Maßnahmen.

Seitdem sind viele Kommunen dem Beispiel gefolgt und haben ebenfalls den Klimanotstand ausgerufen. So ist Klimanotstand zu einem festen Begriff geworden.

Ich finde es sehr schade, dass der Landkreis nicht auch Teil dieser Bewegung wird und so deutlich zum Ausdruck bringen würde, dass er dem Klimaschutz höchste Priorität einräumt.

Der Landkreis Ebersberg ist nicht nur bayernweit ein ausgesprochen vorbildlicher Landkreis. Viele Anträge von uns GRÜNEN - wie die Einführung von Leitzielen für nachhaltiges Bauen - wurden angenommen. Wir haben für viele Initiativen Zustimmung bekommen. Auch andere Parteien haben sich im Kreistag eingebracht. Auch die Verwaltung ist aufgeschlossen. Es wurden vorbildliche Strukturen geschaffen: wie der Klimaschutzmanager, die Energieagentur, Bürgerenergiegenossenschaften, die Eberwerke, Energienutzungspläne u.v.m.

Wir haben Eckpunkte für die Energiewende verabschiedet mit dem Ziel bis zum Jahr 2030 frei von fossilen und anderen endlichen Energieträgern zu sein…

Und doch sind auch wir im Landkreis Ebersberg weit davon entfernt, diese von uns gesteckten Klimaziele einzuhalten. Wie zudem  die nahegelegene Großstadt München, von der wir alle profitieren, mit Energie versorgt werden kann, ist dabei ganz und gar ausgeklammert.

Wir brauchen also Konzepte die nicht in der Schublade liegen, sondern umgesetzt werden. Und wir brauchen klare Strategien für Wärme, Strom, Landwirtschaft und Verkehr. Wir brauchen einen Verkehrsplan der auch das enorme Potenzial des Fahrrads hebt um nur ein Beispiel zu nennen. Wir brauchen besser gedämmte Häuser, erneuerbare Energien – auch die Windenergie, eine flächendeckende E-Ladeinfrastruktur, klimaneutrale Neubauten, reduzierte Einwegverpackungen uvm.

Wir brauchen aber auch Anpassungsstrategien an die unvermeidliche Erdüberhitzung: für die Wasserversorgung, die Landwirtschaft in Dürrezeiten, Überhitzungsstrategien für die Bevölkerung, das Einstellen auf Stürme, Jahrhundertfluten und Waldbrände und wir brauchen den Umbau des Waldes mit klimaangepassten Baumarten, um wieder an meinen Anfang zu erinnern.

Alleine wird es der Landkreis nicht schaffen. Wir brauchen auch von höherer Ebene wirksame Instrumente wie eine CO2-Bepreisung und ein Klimaschutzgesetz. Wir müssen die Erneuerbaren Energien fördern, die Kohlekraftwerke abschalten und die 10H-Regel wieder abschaffen.

Es freut mich, dass sich die SPD im Landkreis für den Klimaschutz engagiert und diesen Antrag gestellt hat. Verwundern tut es mich schon, dass sie aber zusammen mit der CSU in München gegen das Bürgervotum versucht die Laufzeit des Münchner Kohlekraftwerks zu verlängern.  Wir müssen auf allen Ebenen für den Klimaschutz kämpfen.

Jetzt zu dem Beschlussvorschlag, der nach Diskussion im Umweltausschuss und Kreisausschuss nun als Kompromissvorschlag vorliegt.

Dass sich der Landkreis nun zur Klimaschutzregion erklärt klingt zwar gut, hat aber keinerlei Konsequenzen zur Folge – es hat bestenfalls einen Plazeboeffekt .

Die Grünen stimmen diesem Minimalkonsens aber zu, weil wir es wichtig finden, dass hier ein Beschluss mit großer Mehrheit gefasst wird, weil wir alle gefragt sind die Klimakrise zusammen zu bewältigen.

Aber wir möchten vermerkt haben, dass wir uns mehr erwartet hätten. Wir hätten uns ein konsequenteres Vorgehen gewünscht: Die Ausrufung des Klimanotstands und alle Entscheidungen unter Klimavorbehalt zu stellen.

Wir sehen diesen Beschluss nun als Grundlage dafür, dass sich der Landkreis noch mehr ins Zeug legen muss und hoffentlich legen wird. Er ist aufgefordert weitere wirkungsvolle Maßnahmen umzusetzen, die dem Ernst der Lage angemessen sind.

Eindringlich möchte ich auch am Schluss nochmal an das Bewusstsein aller appellieren mit den Worten eines der ersten Plakate der Grünen von 1983 „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt.“

 

 

Kategorie

Energie und Klima

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